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Steuerprognosen oszillieren zwischen Arithmetik und bloßer Kristallkugel

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Steuerexperten: Die Schätzmeister der Nation. | Entkoppelte Steuer besonders schwierig. | Wien. Woher weiß der Finanzminister eigentlich, wieviel Geld der Staat in Zukunft einnehmen beziehungsweise ausgeben wird? Die Antwort scheint einfach: Experten sagen es ihm. Allerdings können sich diese bei ihren Steuerprognosen aufgrund zahlreicher kaum vorhersehbarer Faktoren nicht ausschließlich auf sichere mathematische Verfahren stützen, sondern müssen mitunter schätzen. Und das kann gehörig daneben gehen.


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Folgenschwere Fehler

Als folgenschwerste Fehleinschätzung in diesem Zusammenhang nennt Anton Rainer, über viele Jahre zuständiger Abteilungsleiter im Finanzministerium, eine Prognose im Vorfeld der Einführung der Investitionszuwachsprämie. Hier sei man von etwa 150 Mio. Euro ausgegangen, die der Staat zu berappen gehabt hätte, während im Endeffekt rund 700 Mio. Euro notwendig gewesen seien, erzählt Rainer bei einem Vortrag an der Wiener Wirtschaftsuniversität.

Zum einen habe man die von Unternehmen zu Unternehmen auftretenden Unterschiede bei den Investitionen unterschätzt, zum anderen hätte die Wirtschaft diese auf eine Art und Weise getätigt, dass auf einmal 70 Prozent aller Investitionen als Neuinvestitionen gerechnet werden mussten.

Obwohl laut Rainer etwa auch die Prognosen in Bezug auf die Einführung der Gruppenbesteuerung "nicht nur über einen, sondern über mehrere Daumen gepeilt" gewesen seien, lägen die Steuerexperten mit ihren Vorhersagen im Großen und Ganzen gut.

Lohnsteuer abschätzbar

Während Steuern wie die Tabaksteuer, die nur einen kleinen Teil der Staatseinnahmen ausmachen, durch ihre weitgehende Entkoppelung von volkswirtschaftlichen Gegebenheiten schwer einzuschätzen seien, könne man die Entwicklung "großer" Steuern, wie zum Beispiel die der Lohnsteuer, wesentlich besser prognostizieren. Hier gibt es, so Rainer, einen klaren Zusammenhang mit ökonomischen Trends. Je genauer die Wirtschaftsprognosen, die man als Berechnungsbasis heranzieht, desto genauer sei auch die Steuerschätzung. Dies kompensiere in der Gesamtschau größere Abweichungen bei weniger bedeutsamen Steuern.