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Steuerprogression: Holt sie bald jeden ein?

Von Erich Wolf

Analysen

Reform ist immer noch unzureichend. | Unternehmer können bereits jetzt profitieren. | Ein neuer Steuertarif soll rückwirkend ab 1. Jänner 2009 alle Lohnsteuer- und Einkommensteuerzahler entlasten. So ist es von der Regierung geplant, wenn auch noch nicht umgesetzt.


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Künftig sollen Jahreseinkommen erst ab 11.000 Euro - und nicht wie bisher ab 10.000 Euro - versteuert werden. Wer weniger als 11.000 Euro pro Jahr verdient, wird demnach vom Finanzamt nicht zur Kasse gebeten. Für diese Personengruppen sind öffentliche und steuerfreie Transferzahlungen wie etwa Miet- oder Heizkostenzuschüsse vorgesehen, um die Kaufkraft zu stärken.

Nicht genug für Großverdiener

Gute Neuigkeiten gibt es auch für Großverdiener: Die Eintrittsschwelle zum unveränderten Spitzensteuersatz von 50 Prozent wird endlich auch von derzeit 51.000 Euro auf 60.000 Euro angehoben. Damit wird die sogenannte "kalte Progression" ein wenig gelindert. Leider ist diese Anhebung allerdings immer noch unzureichend. Die derzeitige Schwelle von 51.000 Euro besteht seit dem Einkommensteuergesetz aus 1988 - damals waren es 700.000 Schilling - und wurde seit damals nicht angehoben. Eine inflationsbedingte Anpassung nach 21 Jahren müsste eigentlich eine Aufstockung der Schwelle auf rund 68.000 Euro zur Folge haben.

Bei einer unzureichenden Anhebung der Einkommensgrenze kommt es zu einer Scheingewinnbesteuerung, da die inflationsbedingten Einkommensanpassungen nicht die reale Kaufkraft wiedergeben. Die Besteuerung erfolgt jedoch auf den vollen nominellen Geldbetrag, ohne auf die reale Kaufkraft Rücksicht zu nehmen. Wenn die Steuerpolitik es verabsäumt, die Grenzen anzuheben, fällt irgendwann einmal jeder Mindestrentner in die 50-prozentige Steuerprogression.

Für Einkommen zwischen 11.000 Euro und 60.000 Euro werden die Einkommensteuersätze reduziert. Wer 60.000 Euro oder mehr verdient, spart maximal rund 1320 Euro jährlich. Für darunter liegende Einkommen fällt die Steuerentlastung entsprechend geringer aus.

Verwaltungskosten für die Umstellung

Für die Wirtschaft fallen durch die Steuerreform enorme Umstellungskosten an: EDV-Programme müssen unterjährig adaptiert werden. Fortbildungskosten für Mitarbeiter sind unvermeidbar. Eine Neuberechnung der Löhne und Gehälter ist zeit- und damit auch kostenintensiv. Die Wirtschaft fordert daher zu Recht eine rasche und unkomplizierte Umsetzung der Tarifreform in den nächsten Wochen.

Während Arbeiter und Angestellte auf ihre Steuerentlastung warten müssen, gibt es für selbständige Unternehmer die Möglichkeit, jetzt bereits von der Tarifreform zu profitieren. Wie das geht? Man lässt sich die erste Einkommensteuervorauszahlung, die am 15.Februar 2009 fällig ist, um die Tarifentlastung herabsetzen. Hierfür benötigt man eine Prognoserechnung für sein abschätzbares Einkommen für 2009 und einen formlosen Antrag an das zuständige Finanzamt.

Erich Wolf ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien.