Buchhaltungen auf Endlospapier, kilometerlang und meterhoch sind out. Die Zeit der Speicherbuchhaltungen ist längst angebrochen, die Doppik auf Bändern, Disketten oder CDs ist in den Unternehmungen gang und gäbe. Das geschäftliche Zahlenmaterial, hübsch komprimiert auf üblichen Datenträgern entlastet den betrieblichen Papierkrieg. Kein Wunder, dass auch die heimischen Steuerprüfer mit modrigen Kontoblättern, vergilbten Journalen und augenschädlichen Arbeitsprotokollen nichts mehr zu tun haben wollen: Seit heuer verlangen sie, mit den zu prüfenden Unterlagen auf Datenträgern bedient zu werden.
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Das Damoklesschwert schwebt bereits seit 1999 über den Unternehmungen. Damals fügte man an jenen Stellen der Bundesabgabenordnung, die sich mit der Führung und Aufbewahrung von Büchern und Aufzeichnungen beschäftigen, jeweils einen folgenschweren Satz hinzu: "Werden dauerhafte Wiedergaben erstellt, so sind diese auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen".
So einfach diese drei Druckzeilen zu lesen sind, so diffus ist die darin enthaltene Aussage. Kein Wunder also, dass zur Verständlichmachung der legistischen Formulierung inzwischen mindestens zwei (offizielle) Erlässe des Finanzministeriums und unzählige erläuternde Fachartikel notwendig wurden, darunter auch solche von den beamteten Texterfindern selbst.
Schon die "dauerhaften Wiedergaben" lassen den Leser stocken. Der in der Praxis übliche Begriff der "Ausdrucke auf Papier" wäre vermutlich einleuchtender gewesen. Dass mit Datenträgern im Regelfall Bänder, Disketten oder Compactdisks gemeint sind, lässt sich schon leichter erahnen. Im unakademischen Jargon könnte man also übersetzen: Was an Buchhaltungen und vergleichbaren Aufzeichnungen ausgedruckt wird (oder ausdruckbar ist), muss auch auf einem Datenträger abgespeichert, aufbewahrt und einem Prüfer des Fiskus zur Verfügung gestellt werden können.
Mögliche Rückwirkung bis zum Jahr 1999
Damit ist die einfache Interpretation der Datenträger-Verpflichtung noch nicht zu Ende. In einem 4-seitigen Erlass des Ministeriums wird obligat vorgegeben, dass die zu erstellenden Auswertungen in Form von Druckdateien oder Exportfiles (und zwar jeweils als unformatierter Text) anzufertigen sind. Vorgegeben werden auch die zulässigen Datenformate. Betroffene Unternehmungen - und das sind seit Jahresbeginn vor allem alle buchführenden Unternehmungen - werden um das intensive Studium der amtlichen Durchführungsrichtlinien nicht herumkommen. (Finanzamtsblatt AÖFV Nr. 138/2000). Die neue Rechtslage trifft freilich auch alle jene Unternehmungen, die schon vor Jahresbeginn mittels der bei ihnen vorhandenen Software die verlangten Druck- oder Exportdateien erstellen konnten. Die gesetzliche Verpflichtung besteht nämlich de jure bereits seit Veröffentlichung der BAO-Novelle, also seit 13.1.1999. Wer also in den Jahren 1999 und 2000 softwaremäßig bereits in der Lage war, seine buchhalterischen Datenbestände per Datenträger abzuspeichern und aufzubewahren, muss sie einem verlangenden Steuerprüfer ab sofort auch in dieser Form präsentieren können.
Kein Online-Zugriff der Prüfer erlaubt
Zwei Fragen drängen sich in diesem Zusammenhang auf: Ist der Unternehmer verpflichtet, die von ihm eingesetzte Hard- und Software (aus der die aufzubewahrenden Datenträger erstellt werden) gleichfalls während der gesetzlichen Aufbewahrungsdauer zu horten, um den archivierten Datenträger für den Steuerprüfer auch dann noch lesbar machen zu können, wenn das betriebliche EDV-System längst erneuert ist? Die Behörde sagt nein. Die Finanz verfügt angeblich über derart umfangreiche zentrale Einrichtungen, dass auch Uralt-Datenträger unterschiedlichster Provenienz noch nach Jahren lesbar gemacht werden können.
Frage 2: Kann ein Steuerprüfer eigentlich auch direkt auf die Datenbestände des Unternehmens zugreifen, sozusagen sich am Datenbestand des Unternehmens online gütlich tun? Darf er nicht, heißt es im Ministerium. Die "Betriebsprüfung Neu" ist eine Prüfung von Ergebnissen, die eben nicht auf Papier sondern auf Datenträger zur Verfügung gestellt werden müssen. Gesetzliche Geheimhaltungsverpflichtungen muss der Prüfer auch künftig beachten. An einem praktischen Beispiel: Die Namen der Patienten eines Arztes darf er nach wie vor nicht verlangen, weder auf Papier noch auf einem File.