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Steuerreform bringt nun ÖVP ins Schleudern

Von Reinhard Göweil

Politik

"Die im Entwurf vorgesehenen Änderungen beim Bankgeheimnis waren immer so vereinbart und bleiben auch."


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Wien. "Die Dinge, die wir bei der Steuerreform vereinbart haben, müssen auch halten", sagte Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm zu Versuchen in der ÖVP, Teile des Pakets aufzuschnüren. Konkret geht es um die De-facto-Abschaffung des Bankgeheimnisses und die Einführung eines zentralen Kontoregisters. In der ÖVP - vor allem in Niederösterreich - regt sich hier Widerstand, obwohl es seit Monaten in der Regierung beschlossen ist. Die Aussage, dass der vorliegende Gesetzesentwurf von "übereifrigen Beamten im Finanzministerium" geschrieben wurde, weist Muhm deutlich zurück.

Er war im SPÖ-Verhandlungsteam. "Mir gegenüber ist Vorarlbergs Landeshauptmann Wallner gesessen", erzählt er. "Es wurden alle Punkte grundsätzlich abgehandelt, was sie zu bedeuten haben. Dann ging es in die Details. Ganz am Schluss ist in der politischen Runde auch der Ministerratsvortrag stundenlang vorbereitet worden. Die ÖVP kann nicht so tun, als ob sie davon nichts gewusst hat."

"Kann Grüne überhauptnicht verstehen"

Nun wird verlangt, dass vor Konto-Einschau eine richterliche Zustimmung einzuholen wäre. "Das ist eine Verschärfung des Bankgeheimnisses im Vergleich zum jetzigen Status, also das exakte Gegenteil. Wir werden dem nicht zustimmen", sagte Muhm. Die richterliche Genehmigung verlangen auch die Grünen, die Muhm "in diesem Fall überhaupt nicht versteht."

Ähnlich wie Muhm äußerte sich Dienstagabend Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). "Natürlich ist der parlamentarische Prozess zu respektieren. Aber ich muss den Abgeordneten, auch den eigenen sagen, wenn wir Steuerbetrug und Steuerhinterziehung wirksam bekämpfen wollen, dann brauche ich auch die Instrumente dafür."

Die Einnahmen aus diesem Kampf gegen Steuerbetrug sind - wie berichtet - eine wesentliche Gegenfinanzierung zur Fünf-Milliarden-Entlastung der Steuerreform, die 2016 in Kraft treten soll. Für die Änderungen beim Bankgeheimnis ist im Parlament eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig.

Da FPÖ, Team Stronach und Neos bereits ablehnten, braucht die SP-VP-Koalition die Stimmen der Grünen dazu. Auch die haben sich jüngst für eine richterliche Zustimmung zur Kontoöffnung ausgesprochen, die es im Gesetzesentwurf nicht gibt.

"Das vorgesehene Kontoregister soll Name und Kontonummer enthalten und bietet keine Einschaumöglichkeit", erklärte ein Datenschutzexperte, der anonym bleiben wollte, der "Wiener Zeitung". "Wenn der Finanzbeamte dabei auf Konten stößt, die Fragen zur vorliegenden Steuererklärung aufwerfen, kann er weiter recherchieren."

Schelling: "Auf Österreichs Konten liegen laut Nationalbank etwa 570 Milliarden Euro. Und sie sagt, dass die Herkunft von zehn Prozent nicht geklärt ist. Darum geht es, und nicht ums Sparbuch der Oma." Allein durch das Steuerabkommen Österreichs mit der Schweiz sollen zehn Milliarden Euro aus der Schweiz nach Österreich rücktransferiert worden sein, da das heimische Bankgeheimnis dieses Geld besser schützt. "Wir wollen ja nur, dass erwirtschaftetes Geld auch versteuert wird, das betrifft auch den Umsatzsteuer-Betrug."

Gemeinsam mit der ebenfalls im Steuerreform-Paket beschlossenen Registrierkassen-Pflicht für Wirte schlagen allerdings die Wogen in der ÖVP hoch. "Wer nicht schwarz kassiert, kann Mitarbeiter auch nicht schwarz entlohnen", sagte Werner Muhm.

Niederösterreichische ÖVP gegen Aufweichung

In den kommenden Tagen wird jedenfalls im Parlament noch hektisch beraten. Denn innerhalb der ÖVP hat Niederösterreich die aus diesem Bundesland stammenden Abgeordneten per Mail "angewiesen", dem Paket so nicht zuzustimmen. Die Grünen wollen ebenfalls Änderungen, die weit über die seit Februar paktierten Vereinbarungen hinausgehen. Im Juli müssen die Gesetze aber beschlossen werden, um die Steuerreform Anfang 2016 in Kraft setzen zu können.

Das wird noch ein hartes Stück Arbeit, denn die Wirtschaftskammer hat in der Begutachtung so gut wie alle Gegenfinanzierungsmaßnahmen der Steuerreform abgelehnt. In der durch das burgenländische Rot-Blau gebeutelten SPÖ wird dies natürlich politisch ausgenutzt. "Die ÖVP soll ihren Eiertanz zur Steuerreform endlich beenden", sagte der Noch-Bundesparteigeschäftsführer Norbert Darabos. Muhm: "Es ist ausgemacht, dass sich die Arbeitnehmer die für die Konjunkturentwicklung wichtige Steuerentlastung nicht selbst bezahlen, indem Massensteuern erhöht werden. Dabei bleibt es auch."