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Noch ist die Katze nicht aus dem Sack gelassen worden, es hat höchstens im Sack kurz miaut. Fünf Milliarden Euro soll das Volumen einer Steuerreform betragen, für die es derzeit aber weder ein Wie, ein Wann noch ein Womit gibt. Zu wissen, was etwas kostet, ohne sich darauf verständigt zu haben, was genau es ist, ist eine doch ungewöhnliche Vorgehensweise, zumindest abseits von Steuerreformen.
Doch der Druck, eine konkrete Zahl bei diesem Dauerthema zu nennen, war für die Bundesregierung bei ihrer Klausur in Schladming groß, auch wenn es die Republik vermutlich auch ausgehalten hätte, wäre nur der Zeitplan für die Reform präsentiert worden. Dieser ist ohnehin recht ambitioniert gewählt, denn bis Dezember sollen die diversen Modelle durchgerechnet werden, dann eine politische Arbeitsgruppe mit Vertretern der Regierung und der Länder (Finanzausgleich!) bis März einen Entwurf ausarbeiten, der am 17. März im Ministerrat beschlossen werden soll. Bis Juni hat sich die Regierung dann Zeit für den Beschluss im Parlament gegeben.
Es ist nicht damit zu rechnen, dass die Reform vor Anfang des übernächsten Jahres in Kraft tritt. Finanzminister Hans Jörg Schelling hat im Ö1-"Journal zur Gast" sogar von einem Start ab 1. Jänner 2016 nur in Etappen gesprochen. Das ist zwar bedauerlich für die Steuerzahler, vor allem für jene, die durch die kalte Progression stark belastet sind, dennoch ist die Vorgehensweise der Regierung grundvernünftig. Zuerst werden Ziele vereinbart (Wachstum, Entlastung, Entbürokratisierung), dann ein Zeitplan aufgestellt, vorgelegte Konzepte geprüft und diese danach politisch bewertet und in einen Entwurf gegossen.
Deutlich bessere Stimmung
Das klingt logisch, ist aber dennoch in der Vergangenheit beim Thema Steuerreform nicht passiert. Da kamen stattdessen Forderungen aus allen Richtungen, noch vor einer gemeinsamen Zielsetzungen, es gab keinen Zeitplan, dafür einen Streit um den Startzeitpunkt der Reform. Das könnte jetzt anders sein. Bei allen vorgestellten und avisierten Beschlüssen im Rahmen der Klausur bemühte sich die Regierung, diese logische, aber eben neue Vorgehensweise zu betonen. Und es war auch abseits der öffentlichen Auftritte spürbar, dass seit der Umbildung eine andere Atmosphäre eingezogen ist. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner erklärte sogar, noch nie eine derart positive Stimmung bei einer Klausur erlebt zu haben.
Ein Grund dafür könnte, so kurios es klingen mag, in den schwierigen Rahmenbedingungen liegen, den schlechten Prognosen, der unsicheren weltpolitischen Lage sowie den strikten Budgetvorgaben der Europäischen Union. Kein Minister kann derzeit nach mehr Geld rufen und die Regierung kann auch Uneinigkeit nicht mit dem Füllhorn austarieren. Das macht es zwar prinzipiell schwieriger, Lösungen zu finden, doch es gibt eben auch keine andere Option, als sich seriös mit strukturellen Einsparungsmöglichkeiten und kostenneutralen wachstumsfördernden Maßnahmen zu beschäftigen, wie die Beschlüsse am ersten Tag bewiesen haben.
Alle gleich zu entlasten, ist teuer
Wenn die neue Regierungsmannschaft dieses Handeln auch in den kommenden Monaten fortführen will, bedeutet das allerdings auch, dass nicht immer beide Regierungsparteien (und ihre Teilorganisationen) bei allen größeren Maßnahmen im gleichen Ausmaß jubeln werden können. Es wird auch nötig sein - wenn man es seriös angeht - künftig klar zu machen, warum manche Bevölkerungs- und/oder Interessensgruppen ihre Wünsche nicht erfüllt bekommen, warum etwas nicht geht. Das wird in so schwierigen Zeiten wie diesen zwar nicht auf Begeisterung stoßen, aber vielleicht auf Verständnis - wenn man es vernünftig erklärt.
Gerade bei der Herkulesarbeit einer Steuerreform wird dies notwendig sein. Das Modell von Gewerkschaft und Arbeiterkammer mit einem Volumen von sechs Milliarden Euro sieht zum Beispiel nicht nur die Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25 Prozent vor, wie es sich auch SPÖ und ÖVP zum Ziel gesetzt haben, sondern auch eine Erhöhung jener Einkommengrenze, ab der der Höchststeuersatz von 50 Prozent greift (80.000 statt wie derzeit 60.000 Euro). Damit wurde den Wünschen der Christgewerkschafter Genüge getan, doch kostet das auch Geld. Viel Geld.
Dass die Festlegung der Regierung auf ein Volumen um eine Milliarde unter dem AK/ÖGB-Modell liegt, könnte daraufhin deuten, dass mittlere bis höhere Einkommen eben geringer von der Reform profitieren könnten als kleine Einkommen, zumindest wenn die erste Tarifstufe bei 25 Prozent beginnt und nicht schon weit früher als jetzt greift (ab 11.000 Euro). Das ist zwar nicht in Stein gemeißelt, doch aufgrund der Budgetrestriktionen wird es jedenfalls nicht möglich sein, alle zu gleichen Teilen zu befriedigen, wie das etwa bei der Steuerreform 1989, der ersten rot-schwarzen nach deren Wiederauferstehung, der Fall war, Tarife zusammengelegt wurden und Steuersätze purzelten.
Und das muss die Koalition erst beweisen, dass sie stabil genug ist, diese große Herausforderung zu meisten. Die Steuerreform ist in dieser Hinsicht eine Feuerprobe. Gute Stimmung bei Klausuren wird da nicht reichen.