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Steuerreform nach dem Sparpaket

Von Brigitte Pechar

Analysen

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Sofort nach Übernahme des Finanzministeriums von Josef Pröll hat Maria Fekter im April 2011 eine Steuerreform angekündigt. Kurz darauf erteilte der neue ÖVP-Obmann Michael Spindelegger einer Steuerreform eine Absage: Dafür gebe es derzeit keine Spielräume. Schon Ende Mai 2011 bekannte sich dann doch wieder die Koalition zwar nicht explizit zu einer Steuerreform, versprach aber, "bis 2013 an einer Strukturreform im Bereich der Steuern zu arbeiten". Sie kennen sich aus?

Fast ein Jahr später ist jetzt das Sparpaket - völlig frei von steuerlichen Strukturmaßnahmen - geschnürt. Und am Tag darauf beginnt die Debatte um die nächste Steuerreform von vorn. Die SPÖ moniert, dass der Faktor Arbeit entlastet und Vermögende stärker zur Kasse gebeten werden müssen. Die ÖVP bringt sich wieder als "Familienpartei" in Stellung und fordert steuerliche Entlastungen etwa für Unterhaltszahlungen. Man kann natürlich beide Forderungen als durchaus berechtigt ansehen. Aber vielleicht sollte einmal über den Zeitpunkt solcher Ankündigungen nachgedacht werden.

Jetzt liegt seit elf Tagen ein Sparpaket über 26,5 Milliarden Euro auf dem Tisch, das sich dem Druck der internationalen Finanzmärkte und der Sorglosigkeit vergangener Jahre verdankt. Dessen Auswirkungen sind in seiner vollen Tragweite noch gar nicht erkannt und analysiert - so steigen Beamte bei der "Hacklerregelung" besser aus als ASVG-Versicherte -, da platzen die Regierungsparteien mit weiteren Ideen heraus. Vielleicht sollte die Koalition der Bevölkerung erst einmal Zeit geben, die soeben vorgestellten Maßnahmen zu verarbeiten.

Zumal in dem Jahr zwischen der Steuerreform-Ankündigung und dem Vorlegen des Sparpakets sehr wenig geleistet wurde. Und wenn dann einmal ziemlich umfassende und sehr vielfältige Maßnahmen vorliegen, sollte die Regierung die vollbrachte Arbeit nicht gleich wieder selbst durch neue Debatten zunichte machen.

Sicher ist, dass die österreichische Bevölkerung eine Steuerreform-Debatte vor der nächsten Nationalratswahl 2013 noch ausreichend über sich ergehen lassen wird müssen. Das ist auch ganz logisch, schließlich lässt sich damit reiflich politisieren. Aber dafür reichen vier Monate vor dem Wahltag allemal.

Wenn SPÖ und ÖVP schon jetzt mit dem Streit beginnen, wirkt sich das mit Sicherheit nicht zum Vorteil für sie aus. Mag sein, dass es die ÖVP nicht erwarten kann, ihren Familienpartei-Slogan und die SPÖ jenen der Retter der Unterprivilegierten lange genug zu trommeln, damit er sickert. Zu bedenken ist, dass bis zum Wahltag beide Ansinnen so zerpflückt sein werden, dass die Wähler sie nicht mehr hören können.