Moralisch mag es sicher bedenklich sein, über den Ankauf gestohlener Bankdaten mutmaßliche Steuersünder aufzuspüren. Doch geht es ums liebe Geld, noch dazu um voraussichtlich viel Geld, das am Fiskus vorbeigeschleust worden sein könnte, treten derlei Bedenken gerade in Zeiten klammer Budgets rasch in den Hintergrund. So wie jetzt bei der deutschen Regierung, die darauf spekuliert, dass der Kauf der brisanten Steuer-CD aus der Schweiz rund 100 Millionen Euro an zusätzlichen Einnahmen in die Staatskasse spült.
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Dass die Mehrheit der Deutschen (57 Prozent) den Deal Berlins mit einem - bisher unbekannten - Informanten laut einer Umfrage für das Magazin "Stern" befürwortet, gibt der umstrittenen Aktion zwar eine gewisse Legitimation. Es gibt freilich auch etliche Stimmen, die mit Nachdruck darauf verweisen, dass sich ein Staat an die Rechtsstaatlichkeit halten müsse, für die er selbst bürgt. Der Ankauf illegal erworbener Daten nach der Manier eines Hehlers verstoße demnach eklatant gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit.
Ähnlich war in Deutschland die Diskussion um Für und Wider schon vor zwei Jahren gelaufen - nämlich in der Affäre um Liechtensteiner Stiftungskonten, als ebenfalls Daten über geheime Konten deutscher Bürger gekauft wurden.
Doch gerade wegen dieses Falles handelt die Regierung jetzt genauso wie damals. Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht rechtliche Parallelen. "Wir konnten gar nicht anders entscheiden", hält er zum Beschluss, die für 2,5 Millionen Euro angebotenen Daten von bis zu 1500 mutmaßlichen Steuerhinterziehern zu kaufen, fest. In der Tat hat bisher kein Gericht im Fall der Liechtensteiner Konten ein Verbot für die Verwertung der Beweismittel ausgesprochen.
Rückblickend betrachtet erwies sich der fünf Millionen Euro teure Kauf der Liechtenstein-Daten als gutes Geschäft für den deutschen Fiskus. Bis Jahresende 2009 mussten überführte Steuerhinterzieher rund 178 Millionen Euro nachzahlen.
In der Schweiz sind sowohl Politik als auch Banken über das Vorgehen Berlins empört. Die für März anberaumten weiteren Verhandlungen für ein neues Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland könnten nun ins Stocken geraten. Von den Schweizern wird bereits unmissverständlich angedeutet, dass ein Vertragsabschluss "unter diesen Umständen schwierig" werden dürfte.
Zur Erinnerung: In den Verhandlungen wollten die Eidgenossen anbieten, nicht nur bei Steuerbetrug, sondern auch bei Steuerhinterziehung auf Antrag Bankdaten herauszurücken. Dieser Schritt, den die Schweiz im Grundsatz bereits beschlossen hat, würde das Bankgeheimnis für Ausländer weitgehend aufweichen.
Siehe auch:Deutschland kauft Steuersünder-CD