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Ein Pfeifkonzert, Buhrufe und jede Menge bösartige Transparente: All das wird Cristiano Ronaldo am Mittwoch beim Champions-League-Hit gegen Dortmund nicht erwarten. Und zwar nicht deshalb, weil das Heimpublikum im Bernabéu mit seinem Star trotz dessen möglicher Steuerverfehlungen besonders nachsichtig wäre, sondern weil dem p.t. Fußballvolk derartige Malversationen ihrer Götter schlichtweg wurscht sind und bestenfalls als Kavaliersdelikt gelten. Schon am Samstag im Clásico beim Erzrivalen Barcelona (1:1) drang von den Rängen des Camp Nou bloß ein nettes Liedchen mit der Aufforderung an Ronaldo, doch bitteschön die fälligen Steuern an den Staat nachzuzahlen. Kein Vergleich also zu dem, was sich das internationale Aufdeckernetzwerk mit den Papieren von "Football Leaks", die tags zuvor konzertiert publiziert wurden, mit ihren Geschichten der Schande erwartet hatte, nämlich eine globale Ächtung einer aus den Fugen geratenen Fußball-Gegenwelt. Doch derart kreative Steuervermeidung über komplizierte Offshore-Konstrukte - wie mutmaßlich von Ronaldo praktiziert - ist nicht wirklich dazu angetan, dem Fußballvolk als Unfair-Play der übelsten Sorte zu verkaufen. Im Gegensatz zu Blutgrätschen, Schwalben und andere Unsportlichkeiten auf dem grünen Rasen. Auch wenn sich die Stars der Szene letztlich am Staatsvermögen und damit der Gemeinschaft bereichern, um noch ein paar Milliönchen mehr zu scheffeln, dem gemeinen Fan, der für einen Stadionbesuch dreistellige Eurobeträge lockerzumachen hat, juckt das nicht. Der verlangt ja vielmehr den Einsatz der Allgemeinheit, damit die Besten der Besten weiterhin zu bewundern sind. Ein Prinzip, das auch hierzulande nicht gänzlich unbekannt ist, denn kommunale Sponsoren, die Klubs mit Millionen versorgen und so konkurrenzfähig halten, spielen letztlich auch nur mit Steuermitteln.