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Steuersystem gerechter machen, Arbeit entlasten

Von Josef Cap

Gastkommentare
Josef Cap ist Klubobmann der SPÖ.

Österreich zählt zu den Staaten, die Arbeit überdurchschnittlich belasten und Vermögen und Kapital zu wenig in die Pflicht nehmen.


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Laut OECD-Studien über das Verhältnis der Besteuerung von Arbeits- gegenüber Kapitaleinkünften zählt Österreich noch immer zu jenen Ländern, die Arbeit überdurchschnittlich stark belasten und Vermögen und Kapital zu wenig in die Pflicht nehmen. Schauen wir uns einmal an, wie die Steuerverteilung in Österreich heute aussieht: Nehmen wir an, das Bruttoinlandsprodukt (das alle Österreicher jedes Jahr erwirtschaften) wäre ein Kuchen. Dann würde dieser Kuchen aufgeteilt auf jene, die mit Arbeit ihr Geld verdienen, und jene, die ihr Geld für sich arbeiten lassen. Jene, die arbeiten, bekommen sechs Stück vom Kuchen (60 Prozent) und die Kapitalbesitzer und Vermögenden vier Stück (40 Prozent). Wie aber sieht es mit dem Beitrag zum gemeinsamen Haushalt aus? Da zahlen jene, die arbeiten, fast 90 Prozent der Steuern und Abgaben und die Kapital- und Vermögenseinkommensbezieher nur etwas mehr als
10 Prozent. Hier besteht eine Schieflage, die nicht gerecht ist.

Mit der Einführung der Bankenabgabe, der Steuer auf Aktien- und Immobilienspekulationen, der Beschneidung von Stiftungsprivilegien oder Korrekturen bei der Gruppenbesteuerung wurden zwar bereits wichtige Schritte gesetzt, aber sicher nicht genug. Denn weiterhin trägt der Faktor Arbeit eine zu hohe Steuerlast und die Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern gehören im internationalen Vergleich zu den niedrigsten. In der gesamten OECD haben nur Tschechien (0,4 Prozent) und Estland (0,3 Prozent) einen niedrigeren BIP-Anteil vermögensbezogener Steuern als Österreich (0,5 Prozent).

Die vermögendsten zehn Prozent der Bevölkerung verfügen über zwei Drittel des gesamten privaten Reichtums - das sind Geldvermögen, Immobilien, Beteiligungen. Allein beim Privat-Geldvermögen hat Österreich im Verhältnis zur Bevölkerung laut Global Wealth Report EU-weit die meisten Superreichen mit je mehr als 100 Millionen Dollar Vermögen. Der Finanzbesitz dieser knapp 300 Haushalte überstieg 2010 das BIP eines Jahres. Während sich Gewinn und Besitz dieser Superreichen seit Anfang der 90er Jahre mehr als verdoppelt hat, sind Löhne und Gehälter viel schwächer angestiegen.

Deshalb hat die SPÖ auch Vorschläge auf den Tisch gelegt, wie man hier für mehr Gerechtigkeit sorgen kann, etwa mit einer Erbschaftssteuer für Millionenerben oder einer Vermögenssteuer für Millionenvermögen. Mit diesem Geld kann zum einen der Faktor Arbeit entlastet werden, zum anderen können damit Investitionen in die Zukunft - in Bildung, Gesundheit, Sicherheit, Wohlstand und Wachstum - finanziert werden. Betroffen wäre davon auch nicht der Mittelstand, sondern die zehn Prozent der Reichsten in unserem Land. Und hier geht es nicht um "Gleichmacherei", wie die ÖVP behauptet, sondern darum, dass alle in Österreich lebenden Menschen in der gleichen Weise, nämlich orientiert an ihren finanziellen Möglichkeiten, über ihre Steuern etwas an die Gemeinschaft zurückgeben. Wer in sozialem Frieden, politischer Stabilität und ökologischer Sicherheit leben will, muss auch etwas dazu beitragen.