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Steuertipps: Einfuhrumsatzsteuer landet bei Finanzämtern

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Das neue System ist gewöhnungsbedürftig, und es wird unter dem Logo "Verwaltungsvereinfachung" angeboten. Das ist ein bisschen Etikettenschwindel, denn tatsächlich bringt es der Verwaltung sehr viel Mehrarbeit und den Wirtschaftstreibenden nur kleine Liquiditätsvorteile.


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Kritiker sprechen von einer bloßen Aufgabenverschiebung von einer Behörde (Zoll) zu einer anderen (Finanz). Denn die Einfuhrumsatzsteuer soll künftig von den Finanzämtern einkassiert werden dürfen, und zwar schon ab kommenden Oktober. Solange es EU-ferne Drittländer gibt, wird es beim Import von Gütern aus diesen Ländern die Einfuhrumsatzsteuer geben. Diese "EUSt" ist im Unternehmerbereich eine "Vorsteuer", das heißt, sie kann von vorsteuerberechtigten Firmen mit dem Finanzamt rückverrechnet werden und wird dadurch als Kostenpost neutralisiert.

EUSt-Reform

Das Umsatzsteuergesetz sieht dazu allerdings vor, dass bei der Einfuhr und lange vor der Vorsteuer-Rückverrechnung die EUSt vom Unternehmer an das Zollamt bezahlt werden muss. Weil sich Zahlung und spätere Vorsteuerrefundierung per Saldo als Nullsummenspiel herausstellen, lag die Frage auf der Hand, warum man einen Betrag, den man ohnehin später wieder zurückbekommt, überhaupt bezahlen muss. Die heimische Wirtschaft urgierte daher immer wieder, dieses liquiditätsbelastende Hin und Her endlich zu reformieren. Die Reform ist im jüngsten Budgetbegleitgesetz enthalten. Sie sieht freilich etwas anders aus, als sich die Wirtschaftskammer das vorgestellt hatte.

EUSt am Steuerkonto

Lassen wir einen Import-Normalfall, wie er sich ab Oktober unter dem System "EUSt-Neu" darstellen könnte, schematisch ablaufen. Am Anfang steht das Zollamt, das dem Importeur für eine Drittland-Ware Zoll und EUSt vorschreibt. Der Importeur, der - nehmen wir an - die Zollanmeldung mutig selbst vornimmt, erhält vom Zollamt die übliche "Mitteilung des Abgabenbetrages", in dem Zoll und EUSt-Betrag vorgeschrieben sind. Zu bezahlen ist allerdings nur der Zollbetrag; der EUSt-Betrag bleibt zunächst offen und wird vom Zoll an das Finanzamt des Unternehmers delegiert. Das Finanzamt bucht diesen EUSt-Betrag auf das Steuerkonto des Unternehmers. Dort entsteht dadurch ein fiktiver Rückstand: fiktiv deshalb, weil er einstweilen still gestundet und erst zur Mitte des zweitfolgenden Monats fällig wird: bis zur Fälligkeit der "normalen" Umsatzsteuer für den selben Monat. War es also etwa die EUSt aus einem Oktober-Import, dann bleibt sie bis Mitte Dezember auf dem Steuerkonto stehen.

Zusätzliche EU-Zahlung

Der Unternehmer agiert wie gewohnt: Er ermittelt seine monatliche Umsatzsteuer, zieht davon seine "normalen" Vor-steuern ab und - in einer gesonderten Zeile (neuer Code 083) - auch jene EUSt, die ihm der Zoll auf sein Steuerkonto übersiedelt hat. Die sich danach ergebende Zahllast über-weist er in gewohnter Weise an das Finanzamt. Muss der Unternehmer eine Umsatzsteuer-Voranmeldung (UVA) einreichen, dann muss er das dazu neu aufgelegte Formular U 30 verwenden.

Wenn man den Gesetzemachern glauben soll, sollte sich die am Konto belastete EUSt und die in der UVA angesetzte gleichhohe Vorsteuer am Steuerkonto des Unternehmers auf Null saldieren. Tut sie aber nicht, denn diese EUSt hat ja bereits die USt-Zahllast verkürzt. Also muss man die am Konto stehende EUSt doch noch zusätzlich abführen. Mit dem selben Zahlschein wie die USt dieses Monats, und zwar mit dem neuen Kürzel "EU".

Zeitgleiche Verrechnung

Der Vorteil von "EUSt-Neu" liegt also nicht in der automatischen und bargeldlosen EUSt-Verrechnung, sondern nur darin, dass man die Abgabe nicht unmittelbar bei der Einfuhr bezahlen und dann etwa zweieinhalb Monate bis zur Rückverrechnung warten muss. Der Vorteil liegt darin, dass die EUSt bis zu zweieinhalb Monate später bezahlt werde kann, um zeitgleich als Vorsteuer rückverrechnet zu werden. Probleme könnte es höchstens im Reihengeschäft geben, wenn etwa der EUSt-Schuldner und der Vorsteuerberechtigte nicht ident sind; dann ist EUSt-Neu nicht anwendbar.

Service vom Zollamt

"EUSt-Neu" wirft natürlich Fragen auf. Die häufigste: Kann man einen Überschuss aus hohen Vorsteuern eines Monats zur Abdeckung des am Konto stehenden EUSt-Betrages verwenden? Kann man! Genau so, wie das jetzt schon zur Verrechnung mit den monatlichen Lohnabgaben zulässig ist. Wichtig: Ab Oktober gibt es dazu ein neues Formular: U 31.

Wie behält der Unternehmer den Überblick über seine EUSt-Fälle? Er bekommt vom Zollamt zu jeden Import nicht bloß die oben erwähnte "Mitteilung", sondern zusätzlich nach Monatsende auch noch eine Sammelinformation über die gesamten während eines Monats abgelaufenen EUSt-Fälle. Die Summe in dieser Information ist gleichzeitig jener Betrag, den das Finanzamt auf das Steuerkonto des Unternehmers hievt.

Spediteure fürchten Haftung

Was ist, wenn man mit der EUSt-Vorschreibung durch das Zollamt nicht einverstanden ist? Dann muss man gegen die "Mitteilung", die ein rechtsmittelfähiger Bescheid ist, beim Zollamt Berufung erheben. Das Finanzamt ist diesfalls nicht zuständig, es kümmert sich bloß um Einhebung und Verrechnung der Abgabe.

Probleme sehen die Speditionen, wenn sie als indirekte Vertreter der Importeure die Zollanmeldung vornehmen; Sie verlieren die EUSt total aus ihrem Blickfeld, müssen aber gegenüber dem Zollamt für diese Abgabe mithaften. Die Finanz verspricht per Erlass Entlastung aus dieser gefährlichen Gesamtschuld, aber die Branche wird langsam ungeduldig.

Liquiditätshilfe als Vorteil

EUSt-Neu ist also wohl nur als Liquiditätshilfe für vorsteuer-berechtigte Unternehmer anzusehen. Die Vorsteuerberechtigung ist dem Zoll bei jedem einzelnen Warenimport zu bestätigen; dass manchmal Teile der Importwaren außerbetrieblich verwendet werden, ist nicht schädlich, verkürzt aber den Vorsteuerabzug.

Niemand muss EUSt-Neu akzeptieren, die Option dazu ist freiwillig, man kann auch weiterhin beim "alten" System der EUSt-Entrichtung (an das Zollamt) und bei der zeitverschobenen Vorsteuerrückverrechnung bleiben. Die Frage ist: warum sollte man?

Hinweis zu dem Steuerartikel in der Vorwoche: Der Finanzminister hat die Kürzung der zulässigen steuerlichen Rückstellung um ein Jahr vorgezogen. Der zu Ende 2003 zulässige Bilanzausweis darf daher höchstens 45% betragen; nur bei der Rückstellung für 60%ige-Ansprüche kann es bei diesem Prozentsatz bleiben.