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Österreich will Steuerdaten von Großkonzernen nur Finanzbehörden zugänglich machen. Die EU plante eine Veröffentlichung im Internet.
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Amsterdam. Öffentlich oder doch nicht? Die Transparenz von Steuerinformationen großer Unternehmen löst unter den Finanzministern der EU gemischte Gefühle aus. Dass internationale Konzerne eine Reihe von Angaben an die nationalen Behörden übermitteln sollen, die die Daten wiederum untereinander austauschen, ist zwar mittlerweile Konsens. Doch ob diese Informationen für alle – etwa im Internet – zugänglich sein sollen, ist nicht unumstritten. Genau das sieht aber der Vorschlag der EU-Kommission vor, die die Europäer im Kampf gegen Steuerbetrug und –vermeidung in vorderster Reihe sehen will.
Den Plänen zufolge sollen Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro pro Jahr Angaben über ihre Tätigkeit, Zahl der Angestellten, Gewinne oder Steuerzahlungen machen. Betreffen würde dies mehr als 6000 multinationale Betriebe, europäische Firmen wie auch alle anderen, die in der Union tätig sind.
All das lediglich an die Finanzbehörden zu melden, reiche völlig aus, finden manche Staaten. Dazu gehören Österreich und Malta. So warnte der maltesische Finanzminister Edward Scicluna bei einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen in Amsterdam vor einer "Überreaktion" auf die sogenannten Panama-Papiere, die aufzeigten, wie Unternehmen, aber auch einzelne Personen über Briefkastenfirmen ihre Vermögen in Steueroasen verschoben haben.
Am Pranger?
Der österreichische Ressortleiter Hans Jörg Schelling betonte, dass ein Datenaustausch zwischen den Finanzämtern genüge. Er stellte klar, dass Wien gegen eine Veröffentlichung sei. Weniger deutlich drückte sich sein deutscher Amtskollege Wolfgang Schäuble aus. Stattdessen verwies er auf die Finanzminister der Bundesländer: Diese sprechen sich gegen eine Offenlegung aus. Außerdem würden laut Schäuble Firmen und Personen höhere Bereitschaft zeigen, Informationen zur Verfügung zu stellen, wenn sie nicht "die öffentliche Prangerwirkung fürchten müssen".
Belgien zeigt sich ebenfalls skeptisch gegenüber vollständiger Transparenz.
Dafür plädiert hingegen der niederländische Minister Jeroen Dijsselbloem, dessen Land derzeit den EU-Vorsitz innehat. Er würde die Variante der kompletten Offenlegung bevorzugen, erklärte er. Doch musste er die Bedenken hinnehmen, die unter anderem die Wettbewerbsfähigkeit der EU betreffen. Für einen Beschluss wird jedoch keine Einstimmigkeit nötig, sondern eine Mehrheit der Mitgliedstaaten.
Karussellbetrug im Visier
Unterdessen brachte auch Schelling die Panama-Papiere zur Sprache. Er habe nämlich kein Verständnis dafür, dass nach solchen Enthüllungen "wir zehn Tage brauchen, um ein gemeinsames Papier zu entwickeln, aber zehn Jahre keine Lösung für die Betrugsbekämpfung bei der Mehrwertsteuer zustande bringen". So lange nämlich ist es Österreich ein Anliegen, gegen den sogenannten Karussellbetrug vorgehen zu dürfen. Dabei wirken mehrere Firmen in verschiedenen Ländern zusammen: Ein Unternehmen importiert mehrwertsteuerfrei, berechnet aber die Abgabe beim Verkauf. Statt diese dann abzuführen, verschwindet es vom Markt. Der Empfänger der Ware kann sich aber trotzdem mittels Vorsteuerabzug das Geld von der Finanz zurückholen. Den Staaten entgehen dadurch Einnahmen in Höhe von dutzenden Milliarden Euro. Die höchste Schadensschätzung liegt bei 170 Milliarden Euro.
Daher setzt sich Österreich, ähnlich wie Tschechien, seit Jahren für eine Umkehr der Steuerschuld ein. Diese geht von der leistenden Firma auf den Leistungsempfänger über und fällt mit der Berechtigung zum Vorsteuerabzug zusammen.
Diesen Mechanismus möchte Österreich als Pilotprojekt einführen. Dafür braucht es aber die Erlaubnis der EU-Kommission; die Zustimmung anderer Länder dazu ist dann nicht mehr notwendig. Schelling hofft, dass die Behörde bis Mitte des Jahres einen Aktionsplan dazu vorlegt – und dass andere Staaten sich der Initiative anschließen. Am Ende sollte es einen generellen verbindlichen Informationsaustausch geben, sagte der Finanzminister. Denn bisher gebe es Zusammenarbeit nur im Verdachtsfall.