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Steuertricks im Visier

Von Martyna Czarnowska

Politik
Die Bürger wundern sich über die niedrige Steuerleistung. Nun hat die EU-Kommission die Steuerflüchtlinge auf dem Schirm.
© Trademarks / WZ Online / Photomania

EU-Kommission schlägt verpflichtende Basis für Unternehmensbesteuerung vor.


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Brüssel/Straßburg.  Es ist der nächste Anlauf, um Steuerschlupflöcher zu schließen. Und gleichzeitig ist es ein erneuter Versuch, die Besteuerung von Unternehmen zu reformieren. Denn schon vor Jahren hat die EU-Kommission einen Vorschlag präsentiert, eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer zu schaffen. Doch einigen konnten sich die Mitgliedstaaten darauf bisher nicht – was noch dazu einstimmig erfolgen müsste.

Nun schlägt die Kommission einmal mehr vor, Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, und zwar solche, die einen jährlichen Profit von mindestens 750 Millionen Euro aufweisen. Nach Schätzungen der Brüsseler Behörde würde dies rund zwei Drittel der europäischen Firmen betreffen, die vor allem grenzüberschreitend tätig sind. Die Höhe der Sätze für die Körperschaftssteuer wird allerdings nicht fixiert, da dies in die Kompetenz der einzelnen Länder fällt.

Dennoch sei es ein effizienteres und gerechteres System zur Berechnung der Steuerbasis, glaubt die Kommission. Ziel sei nämlich, Gewinne ab einer gewissen Summe dort zu besteuern, wo sie tatsächlich erwirtschaftet werden und zu verhindern, dass die Profite verlagert werden, um so die Abgaben zu drücken.

Gleichzeitig sollen aber auch Anreize geschaffen werden: zur Finanzierung der Geschäfte durch Eigenkapital statt durch Kredite oder für Forschung und Entwicklung. Dafür soll es Freibeträge und bessere Absetzbarkeit geben. Für Beschaffung von Beteiligungskapital beispielsweise wäre ein bestimmter Satz, errechnet aus einem risikofreien Zinssatz und einer Risikoprämie, steuerlich abzugsfähig. Derzeit würde er 2,7 Prozent betragen. Die Kommission hofft, dass dadurch Konzerne ermuntert werden, stabilere Finanzierungsquellen als Schulden zu finden und verstärkt Kapitalmärkte in Anspruch zu nehmen.

Die Kosten für Forschung und Entwicklung wiederum sollen vollständig von der Steuer absetzbar sein. Weitere 50 Prozent würden für Forschungsausgaben bis zu einer Höhe von zwanzig Millionen Euro gelten und nochmals 25 Prozent für Beträge darüber. Start-ups sollen sogar das Doppelte ihrer Kosten in dem Bereich absetzen dürfen.

Außerdem sollen Hürden für Unternehmen entfernt werden, die sich durch unterschiedliche Vorschriften ergeben. So soll die Rechtssicherheit für Firmen gestärkt und Doppelbesteuerung beseitigt werden. Dies soll ermöglichen, Gewinne, die in einem Mitgliedsland erzielt werden, mit Verlusten in einem anderen EU-Staat zu verrechnen.

Mit all diesen Maßnahmen könnten die Gesamtinvestitionen in der EU immerhin um bis zu 3,4 Prozent steigen, schätzt die Kommission. Vor allem aber gehe es darum, ein "solides Steuersystem" zu schaffen, "das an die Anforderungen des 21. Jahrhunderts angepasst ist", befand der für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten zuständige Kommissar Pierre Moscovici.

In Straßburg, wo derzeit die EU-Parlamentarier ihre Plenarsitzung abhalten, ernteten die Vorschläge Lob von den Sozialdemokraten und den Grünen. So ortet der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Sven Giegold, "eine Chance, den Steuertricks internationaler Unternehmen einen Riegel vorzuschieben". Ähnlich äußerte sich der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Gianni Pittella. Einmal mehr forderte er, dass Konzerne ihre Profite dort versteuern, wo sie erzielt werden.

Aber auch aus der größten Fraktion, der Europäischen Volkspartei, kamen positive Reaktionen. Der ÖVP-Abgeordnete Othmar Karas rief die Mitgliedstaaten dazu auf, die Pläne zur Harmonisierung der Steuerbemessung "sofort zu beschließen". Gleichzeitig bedauerte er das Prinzip der Einstimmigkeit bei Steuerfragen. Das Vetorecht einzelner mache die EU handlungsunfähig.