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Heute, Donnerstag, nimmt Herr Josef K. seinen Abschied. Nach 27 Jahren ununterbrochener Firmenzugehörigkeit be-endet er sein Dienstverhältnis und startet in die wohlverdiente Alterspension. Die Abschiedsfeier hält sich freilich in Grenzen: kein großes Trara, keine tränenreichen Abschiedsworte der Geschäftsleitung.
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Morgen, Freitag, sitzt Josef K. nämlich schon wieder in seinem gewohnten Arbeitszimmer, an seinem gewohnten Arbeitsplatz, unter seinen gewohnten Arbeitskollegen. Die Firma wird ihn bei der Krankenkasse gleichzeitig ab- und wieder anmelden. Und der Steuervorteil für seine Abfertigung ist auch gesichert.
"Die Wirtschaft will die Alten halten", hat die "Krone" unlängst lyrisch getitelt. Tatsächlich denkt Herrn Josefs Arbeitgeber gar nicht daran, den erfahrenen Mitarbeiter so einfach in die Pension zu entlassen. Auch K. will eigentlich noch weitertun, aber andererseits auf den Supervorteil von bloß 6% Lohnsteuer von der gesetzlichen Abfertigung natürlich nicht verzichten. Also einigen sich K. und sein Chef auf einen Trick, der die Steuerbegünstigung nicht gefährdet, obgleich K. weiterhin Mitarbeiter der Firma bleibt. Der Trick heißt Änderungskündigung.
Damit eine gesetzliche Abfertigung bloß mit dem Minisatz von 6% (in Sonderfällen sogar mit noch weniger) besteuert werden darf, muss sie am totalen Ende des Dienstverhältnisses ausbezahlt werden. Totales Ende heißt: Beendigung mit allen Konsequenzen, wie sie bei der Verabschiedung eines Dienstnehmers in Richtung Nimmerwiedersehen eben üblich und erforderlich sind.
Der Trick mit der Änderungskündigung besteht nun darin, dass das neue Dienstverhältnis mit dem "alten" Mitarbeiter - das ohne weiters unmittelbar an das soeben beendete anschließen kann - sich dennoch deutlich vom vorherigen unterscheidet. Erst unlängst - im sogenannten Lohnsteuerprotokoll 2000 - hat das Finanzministerium klargestellt, auf welche Einzelheiten es dabei ankommt:
- Das bisherige Dienstverhältnis muss durch Arbeitgeber-kündigung oder einvernehmlich aufgelöst worden sein, wobei allerdings eine allfällige Wiedereinstellungszusage offenbar nicht stört.
- Alle mit dem bisherigen Dienstverhältnis zusammen-hängenden Schlussabrechnungen und Auszahlungen müssen zum Schlusstag abgewickelt werden, wie etwa Urlaubsersätze, anteilige Sonderzahlungen, Mehrarbeitsabrchnungen, Abfindungen, Abfertigungen, usw.. Ein Weiterwälzen offener Ansprüche (etwa bestehende Resturlaube) in das neue (Anschluss-)Dienstverhältnis darf nicht sein.
- Der Dienstnehmer muss bei der Sozialversicherung abgemeldet werden.
Dass der Mann (die Frau) am Tag darauf von der gleichen Firma bei der Krankenkasse wieder angemeldet wird, schadet nicht, denn mit dem neuen Tag beginnt ja ein total neues, ein total anderes Dienstverhältnis. Und die Finanz regelt auch hier, wie anders es sein muss.
- Es darf nicht nach einer "im wesentlichen unveränderten Fortsetzung des (alten) Dienstverhältnisses" aussehen. Im Klartext: Der offizielle Arbeitsbereich sollte ein gegen-über früher geänderter sein, nach Möglichkeit ein optisch verringerter.
- Auch die nunmehrigen monatlichen Bezüge (zu denen nicht bloß der Gehalt gehört, sondern auch alle Sachbezüge, Mehrarbeitsentgelte, usw.) müssen um einiges niedriger sein, als vorher. Die Finanz will eine Reduktion um mindestens 25% gegenüber früher, obgleich dieser Prozentsatz in keinem Höchstgerichtserkenntnis vorkommt.
- Das neue Arbeitsverhältnis sollte sich auch hinsichtlich der Arbeitszeit vom früheren Arbeitseinsatz abheben, sagen wir: auch um etwa ein Viertel.
- Und natürlich sollte nichts darauf hindeuten, dass sich Chef und Dienstnehmer schon seit jeher darüber einig waren, dass das alte Dienstverhältnis nur schmähhalber beendet und wieder neu gestartet wurde.
Bei Personen mit normaler Alterspension ist die Regulierung der Monatsbezüge kaum ein Problem. Bei Personen, die in Frühpension stehen, ergibt sich die Verringerung der Bezüge zwangsläufig, weil da die Geringfügigkeitsgrenze für die Bezüge eine unüberwindbare Barriere bildet.
Der neue - verminderte - Arbeitsverdienst muss jedenfalls mindestens ein volles Folgejahr durchgehalten werden. Im zweiten neuen Dienstjahr können sich Dienstverhältnis und Arbeitsverdienst wieder normalisieren, dann ist es dem Fiskus offenbar egal. Und dem Start zu einem neuen Abfertigungsanspruch (mit hoffentlich auch wieder bloß 6% Steuerabzug) steht nichts entgegen.