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Es war seit jeher ein Dauerzankapfel mit der Finanz. Wer in seiner Steuererklärung die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers absetzen wollte, riskierte eine hochnotpeinliche Konfrontation mit der | Steuerbehörde, tiefschürfende Untersuchungen und frühmorgendliche Überraschungsbesuche amtlicher Erhebungsorgane. Seit 1996 ist die Rechtslage, unter welchen Voraussetzungen ein Heimbüro | steuerwirksam anerkannt wird, zwar gesetzlich abgesteckt. Die bezüglichen Kriterien und ihre Auslegung durch die Behörden sind in der Praxis jedoch teilweise als unbefriedigend empfunden worden.
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Mit dem Strukturanpassungsgesetz von 1996 versuchte der Fiskus, das leidige Thema mit mehreren Kautelen weitgehend aus der Welt zu schaffen. Aufwendungen für ein im Wohnungsverband
gelegenes Arbeitszimmer (und dessen Einrichtung) sollten, so wurde § 20 EStG erweitert, grundsätzlich von der steuerlichen Absetzbarkeit ausgesperrt sein. Nur in jenen Fällen, in denen der häusliche
Büroraum den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen bildet, sollten die anteiligen Raumkosten steuerwirksam anerkannt werden: die anteilige Miete,
Beleuchtung, Beheizung und Reinigung. Und die Büroraum-Einrichtung.
Die etwas pauschale Festlegung der steuerlichen Zulässigkeit wurde alsbald durch einen umfangreichen Erlaß des Finanzministeriums näher erläutert und - nach dem Empfinden vieler Betroffener - recht
deutlich verschärft. Zunächst schon durch die Umschreibung des Wohnungsverbandes. Der sollte nicht bloß Teile der eigentlichen Miet-oder Eigentumswohnung oder eines Eigenheimes umfassen, sondern auch
eine etwaige Zweitwohnung oder auch abgegrenzte Räume in anderen Teilen des gleichen Grundstücks (Stichwort Gartenhäuschen).
Was viele "Heimarbeiter" aber besonders irritierte, war die strenge Auslegung des Begriffs des "Mittelpunkts der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit". Nach ministerialer Auffassung
sollte zur Prüfung dieser Frage ein zweistufiges Verfahren einsetzen.
Einerseits sollte geprüft werden, ob die Berufsarbeit notwendigerweise und zeitlich zu mehr als 50% im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt wurde. Andererseits mußten die in diesem häuslichen
Arbeitsraum erwirtschafteten Arbeitseinkünfte mindestens 80% der gesamten Arbeitseinkünfte eines Jahres ausmachen. Waren diese beiden Meßlatten erreicht, durften die anteiligen häuslichen Raumkosten
auch vor dem Finanzamt Gnade finden.
Besonders das 80%-Kriterium erregte in vielen Nichtselbständigen und Pensionisten mit freiberuflichen oder gewerblichen Nebeneinkünften ein heftiges Ungerechtigkeitsgefühl. Obgleich die
Nebeneinkünfte mit den Dienstnehmer- oder Pensionseinnahmen in der Regel keinerlei Konnex hatten, wurden sie vom Fiskus mit eben diesen lohnsteuerpflichtigen Haupteinkünften zusammengerechnet und
gewichtet. Die wirtschaftlich richtigere, isolierte Betrachtungsweise der Nebeneinkünfte-Quelle wurde abgelehnt. Da der häusliche Nebenberuf im Regelfall kaum für sich allein 80% der Gesamteinkünfte
erreichte, wurde die "Werkstätte" dieses Nebenberufs steuerlich verworfen, die anteiligen Raumkosten nicht anerkannt.
Die etwas willkürlich anmutende und im Gesetz so nicht vorgesehene 80%-Auslegung war es daher auch, die einen betroffenen Steuerzahler jüngst veranlaßte, die erlaßmäßige Interpretation an den
Verwaltungsgerichtshof heranzutragen. Sache für sich, daß der bezügliche Ministerialerlaß dabei nicht selbst auf der Richterbank lag, denn Erlässe sind für das Höchstgericht Schall und Rauch.
Bestritten wurde die Abweisung der häuslichen Raumkosten; das Finanzamt hatte das Überwiegen der Nebeneinkünfte bemängelt.
Der Fall aus der Praxis: Ein Dienstnehmer (Pikanterie am Rande: ein aktiver Finanzbeamter) war nebenbei und zulässigerweise als gerichtlich beeideter Sachverständiger tätig, wobei offenbar ein
ordentlicher Teil der Sachverständigentätigkeit in der häuslichen Gutachtenserstellung bestand. Die dort erarbeiteten Nebeneinkünfte kamen freilich bei weitem nicht an 80% von den Gesamteinkünften
(Dienstverhältnis plus Freiberuf) heran, führten sogar in einem Jahr zu einem Verlust. Das Finanzamt drehte den Daumen nach unten.
Das soeben veröffentlichte Erkenntnis des VwGH ) läßt viele Betroffene aufatmen. Kurzfassung der höchstgerichtlichen Meinung: Mittelpunkt der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit ist o.k. Aber
diese gesamte Betätigung kann sich doch immer nur auf eine konkrete Beschäftigung beziehen. Man muß also jede Einkunftsquelle für sich alleine betrachten.
Im Originalton der VwGH: "Eine verfassungskonforme Interpretation des § 20 Abs. 1 Z 2 lit d EStG 1998 ergibt sohin: Jedenfalls dann, wenn eine Einkunftsquelle den Aufwand für das Arbeitszimmer
bedingt, die andere aber nicht, ist der Mittelpunkt im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1998 nur aus der Sicht der einen Einkunftsquelle zu bestimmen. Ist die Einkunftsquelle ein Betrieb, stellt
das Tatbestandsmerkmal der gesamten (betrieblichen/beruflichen) Tätigkeit auf die gesamte Betätigung der im Rahmen dieses einen konkreten Betriebes ab. Steht das Arbeitszimmer mit einer beruflichen
Tätigkeit in Zusammenhang, ist ebenfalls nur auf die gesamte Betätigung im Rahmen der einen konkreten beruflichen Beschäftigung abzustellen!"
Eine erfreuliche Klarstellung - und ein Grund für viele "Nebenberufsarbeiter", anteilige Raumkosten und Einrichtungen wieder geltend zu machen.
) VwGH Zl. 98/15/0100 v. 27. 5. 1999 5