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Steve Bannons europäische Mission

Von Isolde Charim

Gastkommentare
Isolde Charim ist Philosophin und Publizistin und arbeitet als wissenschaftliche Kuratorin am Kreisky Forum in Wien. Foto: Daniel Novotny

Ein privater US-Imperialismus.


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Der neueste Exportschlager aus den USA heißt Steve Bannon. Das ist jener Chefberater von Donald Trump, der nach einem halben Jahr gefeuert wurde. Der Vizepräsident von Cambridge Analytica, der Trumps Wahlkampf orchestriert hat. Und der ehemalige Chef des rassistischen und antisemitischen Internetportals "Breitbart", den man den "Karl-Lueger Amerikas" nennt.

Dieser Steve Bannon ließ letzte Woche mit einer Meldung aufhorchen, von der man nicht weiß, ob sie Größenwahn gepaart mit Verzweiflung geschuldet ist - oder ob sie eine tatsächliche Bedrohung für die EU darstellt: Er möchte mit seiner Stiftung "The Movement" die europäischen Nationalisten zu einer rechten Einheitsfront bündeln. Gewissermaßen unter dem Motto: Populisten aller Länder vereinigt euch. Als solche "Supergruppe" sollen diese bei den Europawahlen 2019 mit einer Anti-Merkel-Kampagne antreten und ein Drittel aller Abgeordneten stellen. Ein ehrgeiziges Unterfangen, gelinde gesagt. Damit will Bannon eine "rechtspopulistische Revolte" auslösen, die nicht nur den parlamentarischen Prozess torpedieren, sondern auch die Erosion der EU vorantreiben soll.

Hat man seit Trumps "America first" beklagt, dass nunmehr die Funktion des Weltpolizisten, des "Garanten" freiheitlicher Ordnung vakant sei, so hat diese Lücke nunmehr eine unerwartete Besetzung erhalten. Bannon betreibt einen US-Imperialismus eigener Art, der der Rede von der Westbindung eine neue Bedeutung gibt.

Neu ist nicht nur der Inhalt: Amerika exportiert nunmehr nicht Demokratie, sondern Rechtspopulismus. Neu ist auch die Form: ein Einzelner alleine, eben Steve Bannon, soll das bewerkstelligen. Privater Neo-Imperialismus also.

Diese Privatisierung der Politik ist dabei durchaus Programm. Bannon benennt es auch explizit: "The Movement" sei eine Gegenveranstaltung zu Soros‘ Open Society mit dem Ziel, diesen zu verhindern. Denn dieser "geniale Teufel", so Bannon, wäre der Drahtzieher der EU, der eigentliche Herrscher, der hinter den Kulissen die Fäden eines liberalen Europas ziehen würde. Dass dies schon alleine logisch inkonsistent ist, da solch ein Fädenziehen dem liberalen Konzept widersprechen würde, fällt ihm dabei gar nicht auf.

Bannon tritt also in Europa gegen ein Fantasma an - sein Fantasma des Strippenziehers, und benennt damit sein Politikverständnis. Denn er versteht sich selbst als Gegen-Strippenzieher, dem die Demokratie nur eine Fassade ist, eine Kulisse hinter der die wahren Mächtigen am Drücker sind. Und diesen Schalter möchte er jetzt umlegen. "Vergesst Eure Merkels" ruft er seinen europäischen Freunden zu. Politik ist ihm kein Prozess, kein Aushandeln von Kompromissen. Politik wird hier vielmehr zum Duell der reichen Giganten: Bannon gegen Soros.

Das, was er aber anbietet, insbesondere sein machiavellistisches Daten-Knowhow, zeigt ihn aber in einem ganz anderen Licht: als Ratgeber ohne Auftrag. Als Spindoktor, der sich selbst zum Chef machen möchte. Ob Bannons Danaergeschenk eines Imports Trumpscher Politik nach Europa nun bedrohlich oder größenwahnsinnig ist - eines ist sicher: Er trägt Eulen nach Athen. Denn Rechtspopulisten haben wir selber.