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Sozialistin erhält 45,8 Prozent. | Rechte kommen auf 48,6 Prozent. | Santiago de Chile. Nun ist wieder alles offen. Die Chilenen gingen am vergangenen Wahlsonntag zu Bett, ohne zu wissen, wer ihr nächster Präsident werden wird. Der Grund: Keiner der vier Kandidaten erhielt die notwendige Mehrheit von über 50 Prozent der Stimmen.
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Die Wahl wird am 15. Jänner in einem Kopf an Kopf-Rennen der beiden meistgewählten Kandidaten, der Sozialistin Michelle Bachelet (45,8 Prozent) und dem Vertreter der Mitte-Rechts-Partei Nationale Erneuerung Sebastián Piñera (25,4 Prozent) ausgetragen. Dieser Umstand führt zu spannenden Machtkonstellationen. Piñera erhält für die zweite Runde Unterstützung von seinem rechten Kontrahenten aus der ersten Runde, Joaquín Lavín (Unabhängige Demokratische Union).
Kampf um jede Stimme
Beide gehörten dem Oppositionsbündnis Alianza an, das sich im Vorfeld der Wahl getrennt hatte. Lavín errang 23,2 Prozent, beide rechten Politiker zusammengenommen trotzen also mit 48,6 Prozent erstmals seit der Rückkehr Chiles zur Demokratie der Concertación ihre Mehrheit bei den Wählern ab.
Michelle Bachelet, die bisher unangefochtene Kandidatin, ist daher auf die Stimmen des vierten Kandidaten Tomás Hirsch vom linken Bündnis "Juntos podemos" (5,3 Prozent) angewiesen und darf keinen Wähler an die Opposition verlieren. Die Stimmen aus dem linken Lager hatten auch Lagos vor vier Jahren zu seinem knappen Sieg in zweiter Runde gegen Lavín verholfen. Doch ist es heute fraglich, ob das Bündnis die offizielle Kandidatin stützen wird.
Wer auch immer die Wahl im Jänner gewinnen wird, er wird ein schweres Erbe antreten. Denn Noch-Präsident Ricardo Lagos scheidet im März mit einer Zustimmung von 71 Prozent in der Bevölkerung aus dem Amt. Kein vorheriger Präsident in Chile hat so ein positives Image erreicht. Seine Concertación, eine Koalition aus Christdemokraten, Sozialisten und Sozialdemokraten, errang nicht zuletzt deshalb die Mehrheit im ebenfalls zu wählenden Kongress.
Noch ist nichts entschieden in Chile. Eines steht aber fest: Wird Michelle Bachelet neue Präsidentin, verfügt sie über eine breite Mehrheit im Kongress und könnte fällige Reformen angehen. Gewinnt jedoch Sebastián Piñera, weiß er zwar die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich, hätte aber keinerlei politische Macht zum Regieren.