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Stiftung Preußische Seehandlung

Von Markus Kauffmann

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Markus Kauffmann , seit 22 Jahren Wiener in Berlin, macht sich Gedanken über Deutschland.

Militärisch war der Alte Fritz gegen Österreich erfolgreich. Aber wirtschaftlich lag sein Preußen Ende der 1760er-Jahre am Boden. Da erfand er die Wirtschaftsförderung.


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Man stelle sich vor, es gab noch Zeiten, da wurde eine Bank liquidiert, die soviel Geld hinterließ, dass davon andere Banken profitierten und noch eine Kulturstiftung finanziert werden konnte. So geschehen vor gerade 25 Jahren in Berlin.

Da erst endete nämlich die gut 200-jährige Geschichte eines ehrwürdigen Geld- und Handelsinstituts. 1772 hatte Preußenkönig Friedrich II., der Große, die "Societé de Commerce maritime" gegründet, eine Aktiengesellschaft, deren Mehrheitsanteil er sich vorsorglich selbst reservierte. Ihr verlieh er als Privileg das Monopol auf die Salzeinfuhr und Vorrechte beim Handel mit Wachs und Holz. Damit wollte der König mit eigener Flotte den Handel mit den Kolonialmächten Frankreich, Spanien und Portugal ankurbeln - "wo sich vernünftige und sichere Aussichten zu einem tüchtigen Gewinn von Aus- und Einfuhr für Unsere Staaten vorfinden möchten".

Anfangs entwickelten sich die Geschäfte etwas schleppend, doch allmählich ging die Rechnung des Alten Fritz doch auf. Obwohl der erste Skandal nicht lang auf sich warten ließ: Friedrich Christoph von Goerne, Chef der Seehandlung seit 1775, hatte mit den Geldern des Unternehmens verschuldete polnische Landgüter erworben und großzügig Kredite vergeben. Das flog auf, und Goer ne wanderte für elf Jahre in die Festung Spandau.

Anfang des 19. Jahrhunderts stieg die Seehandlung ins Bankgeschäft ein, gab zinsgünstige Kredite an Unternehmer und beteiligte sich an Manufakturen. 1820 erhielt die "Seehandlungs-Societät" den Status eines unabhängigen, nur dem König verpflichteten Finanzinstituts, mit dessen Hilfe die Staatsfinanzen saniert wurden. So konnte Bismarck - unter Umgehung des Parlaments - ungehindert seine Kriegspolitik finanzieren.

In republikanischer Zeit, im Jahr 1930, wurde die Gesellschaft zur "Preußischen Staatsbank (Seehandlung)" umgewandelt. Deren Geschichte endete, wie alles Preußische, mit der Liquidierung Preußens durch die Alliierten am 25. Februar 1947. 1983 fand sie durch ein Berliner Gesetz ihr endgültiges Ende.

Doch - wie gesagt - Geld war noch übrig geblieben. 19 Millionen D-Mark wurden auf die neue "Stiftung Preußische Seehandlung" übertragen. Sie hat kulturelle und wissenschaftliche Aufgaben, insbesondere die Förderung des literarischen Schaffens und die Veröffentlichung hervorragender wissenschaftlicher Arbeiten. Unter anderem werden Stipendien an Berliner Autoren sowie an Schriftsteller aus Mittel- und Osteuropa vergeben und literarische Veranstaltungen unterstützt. Hier ist an erster Stelle der mit 30.000 Euro dotierte Berliner Literaturpreis zu nennen. In der illustren Runde der Preisträger, wie Jürgen Becker, Wilhelm Genazino, Christoph Hein, Wolfgang Hilbig, Thomas Hürlimann, um nur einige zu nennen, befinden sich auch zahlreiche österreichische Autoren, wie etwa Norbert Gstrein, Gert F. Jonke oder Josef Winkler.

Zu den von der Stiftung ausgelobten Preisen gehören des Weiteren der Theaterpreis Berlin, der Friedlieb Ferdinand Runge-Preis für unkonventionelle Kunstvermittlung, das Berliner Erich Kästner-Stipendium für Kinder- und Jugendliteratur und das Eberhard Roters-Stipendium für Junge Kunst. Schwerpunkt der Wissenschaftsförderung ist die Aufarbeitung der Berliner und brandenburgisch-preußischen Geschichte.

So lebt ein Stück Preußen auch heute noch weiter - ganz unpreußisch: pazifistisch, bescheiden und dem Schönen zugewandt. Und zeigt, dass Banken auch ihr Gutes haben - zumindest die liquidierten.