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Stiftungsrat als Kabinettstreffen?

Von Bernhard Baumgartner

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Mit der Gründung des ORF-Stiftungsrats vor mehr als 20 Jahren gab es eine durchaus sinnvolle Änderung im Vergleich zum Vorgängergremium, dem Kuratorium: Aktive Politiker sowie Mitarbeiter der Kabinette dürfen nicht selbst im Stiftungsrat sitzen. Man wollte damit eine "Entpolitisierung" des ORF erreichen, die freilich schon damals reine Kosmetik war. Dennoch: 20 Jahre lang hat es gehalten.

Nun sitzt mit Petra Stolba wieder ein Kabinettsmitglied im Rat. Stolba wurde kürzlich Kabinettschefin des Ersten Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, Othmar Karas (ÖVP). Das ist rechtlich nur möglich, weil man im Gesetz EU-Kabinette schlichtweg vergessen hatte. Die Intention des Gesetzgebers war jedoch schon damals klar und ist es auch heute noch. Dass man nun darauf beharrt, dass Stolba aufgrund der offensichtlichen Lücke im Gremium bleiben darf, ist absurd und unnötig. Entweder gilt die Regelung für alle oder für keinen. Wenn die scheinbare "Entpolitisierung" heute kein Anliegen mehr ist, sollte man das doch gleich im Gesetz ändern und für alle streichen.

Ehrlicher wäre es ohnehin, wenn die Politiker, die über den ORF entscheiden, gleich selbst im Gremium säßen: So wären sie wenigstens für ihre Entscheidungen selbst verantwortlich und persönlich haftbar. Dass man dann halt, weil man selbst nicht darf, zum Beispiel den Ehepartner ins Gremium wählen lässt (ja, gab es mehrfach), ist nur eine der absurden Folgen dieser Regelung.