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Stigmatisierung statt Schutz

Von Martyna Czarnowska

Analysen

Schockbilder auf Zigarettenpackungen schrecken Raucher nicht ab.


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Aus den öffentlichen Gebäuden sind sie bereits verbannt. Gut. In vielen Lokalen dürfen sie ihr Laster nicht mehr ausleben. Das wiederum sehen etliche Raucher schon nicht mehr ein. Und bald vielleicht sollen sie sich noch schlechter fühlen, wenn sie eine Packung Zigaretten kaufen. Die wandert dann nämlich wie eine verbotene Ware unter dem Ladentisch zu ihnen, weil die Produkte nicht mehr in einer Trafik ausgestellt werden dürfen. Noch dazu sind auf der Schachtel Horrorbilder von verfaulenden Zähnen, abfallenden Zehen oder pechschwarzen Lungenflügeln zu sehen.

Aus der Raucherperspektive ist der Trend, den die EU-Kommission, aber auch Regierungen etlicher außereuropäischer Staaten vorgeben möchten, wenig erfreulich. Ob er passionierte Süchtler von ihrem Tun abhalten wird, ist sowieso völlig unsicher. Denn auch unter Zigaretten-Liebhabern hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist. Dies zusätzlich mit drastischen Bildern vor Augen zu führen, erhöht das Bewusstsein auch nicht.

In Großbritannien durchgeführte Studien zu Werbung brachten bereits vor Jahren die Erkenntnis, dass allzu schockierende Bilder Konsumenten nicht in die gewünschte Richtung bringen. Auch damals gab es ein Sujet mit verfaulten Zähnen, denen mit dem Kauf einer Zahnpasta entgegengewirkt werden konnte. Doch die Aufnahmen schreckten nur ab, ergab die Untersuchung: Sie wirkten lediglich auf die emotionale Ebene, ohne weitere - vernunftgesteuerte - Informationen vermitteln zu können.

Das Schutz-Argument dürfte ebenso fehl am Platz sein. Wenn Kinder oder Arbeitnehmer davor zu schützen sind, in verqualmten Räumen zu sitzen, ist das mit Rauchverboten erreichbar. Wer aber kann beweisen, dass aufmüpfige Teenager sich beim Anblick eines abstoßenden Fotos auf dem Tschickpackerl angewidert abwenden und beschließen, niemals eine Zigarette anzuzünden?

Wenn nun Teile der Tabakindustrie davor warnen, dass immer strikter werdende Anti-Rauch-Gesetze in Kombination mit Preiserhöhungen dem illegalen Handel Vorschub leisten und den Staaten so Steuereinnahmen in Milliardenhöhe entgehen, mag das auch Propaganda sein. Tatsache ist aber, dass Raucher die Budgets kräftig unterstützen; die Tabaksteuer allein bringt Österreich rund 1,5 Milliarden Euro jährlich. Wenn Erwachsene rauchen wollen, sollen sie auch dafür zahlen. Sie dafür jedoch immer stärker zu stigmatisieren, geht zu weit.