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Ausweg, wenn konventionelles Erdgas knapp wird. | Weltvorräte werden auf 900 Billionen Kubikmeter geschätzt. | Berlin. Der Begriff "Shale Gas" schwappte aus den USA zu Europas Energieexperten. Mit diesem "Schiefergas" ist Erdgas gemeint, das in dichten Tongesteinen steckt, die vor bis zu 550 Millionen Jahren aus Ablagerungen entstanden.
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Bisher wurde Erdgas dagegen vor allem aus porösem Gestein gefördert. Darunter liegt dichtes Gestein mit den Überresten winziger Organismen, aus denen sich unter dem hohen Druck und der hohen Temperatur der Tiefe Erdöl und Erdgas bildet. Der Druck treibt Öl und Gas aus diesem Muttergestein in die darüber liegende poröse Schicht. Wird diese angebohrt, schießt das unter Druck stehende Erdgas dann meist von selbst aus der Tiefe nach oben.
Shale Gas dagegen hat das Muttergestein nie verlassen, sondern sammelt sich in Spalten im Schiefer oder ist an die organischen Bestandteile der Schicht gebunden. So steckt das Erdgas praktisch im Gestein fest und kann mit den bisher üblichen Fördermethoden nicht gewonnen werden. Deshalb lagern in vielen Regionen der Welt noch große Shale Gas-Reserven im Untergrund, die nie erschlossen wurden.
Heute wäre es durchaus sinnvoll, solche Quellen zu nutzen. Denn der Umbau auf nachhaltige Energiequellen wird viele Jahre dauern, in denen fossile Brennstoffe weiter verwendet werden, um den Energiebedarf zu decken. Die erste Wahl fällt dabei auf Erdgas, weil es beim Erzeugen der gleichen Nutzenergie 40 bis 50 Prozent weniger des Klimagases Kohlendioxid freisetzt als Kohle. Obendrein gibt es erste Überlegungen und Modellrechnungen, nach denen in geleerten Schiefergas-Speichern später vielleicht Kohlendioxid gelagert werden könnte, das aus der Abluft in Kraftwerken abgeschieden werden kann. Damit aber könnte das Klima zusätzlich entlastet werden.
Solche Argumente sind in Europa wichtig. In den USA lösten schon in den Jahren 2000 und 2001 steigende Energiepreise einen Boom bei der Erschließung von Schiefergas aus. Heute stammt dort fast jeder zehnte Erdgas-Kubikmeter aus dieser Quelle: Weltweit soll es in solchen unkonventionellen Lagerstätten mit rund 900 Billionen Kubikmetern etwa fünfmal mehr Erdgas als in herkömmlichen Erdgasfeldern geben. Allein im Gestein unter den USA soll genug Shale Gas stecken, um zusammen mit den konventionellen Gasquellen das Land ein Jahrhundert lang zu versorgen. Inzwischen holen allein in der Barnett-Schicht in Texas mehr als 6600 Bohrlöcher jeden Tag 70 Millionen Kubikmeter Schiefergas aus bis zu 2800 Metern Tiefe.
In Europa scheint die Situation anders zu sein. Allein im Untergrund Westeuropas werden rund 14 Billionen Kubikmeter Erdgas vermutet, große Lagerstätten soll es auch in Polen geben. Die Lagerstätten sind aber vermutlich deutlich kleiner als in den USA.
Auch im Wiener Becken Vorkommen vermutet
Erst im Jahr 2009 starteten in Deutschland zwei Forschungsvorhaben: das von der Industrie finanzierte "Gas Shales in Europe" (Gash), das Brian Horsfield vom Helmholtz-Zentrum Potsdam leitet, und "Shale Gas", das Hans-Martin Schulz vom deutschen GeoForschungsZentrum GFZ im Rahmen des Verbundvorhabens GeoEnergie des deutschen Forschungsministeriums koordiniert.
In beiden Vorhaben untersuchen die Forscher, wie sich in Europa Schiefergas gebildet hat und wie typische Lagerstätten daher aussehen. Vermutlich gibt es eine ganze Reihe davon - in Deutschland, England, Polen und Schweden, aber auch im Wiener Becken. Die ersten Bohrungen haben in diesen Regionen bereits begonnen, ohne dass die Ölfirmen darüber groß informiert hätten. Schiefergas ist unter europäischen Energieexperten ein eifrig diskutiertes Thema.
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