Verhandlungsteam tagt zu Mehrwertsteuer und Pension. Gegenfinanzierung noch offen.
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Wien. Am Samstag tagt die politische Verhandlungsgruppe zur Steuerreform zum vierten Mal im Kanzleramt. Thema der Verhandlungsrunde sind dem Vernehmen nach die Streichung von Ausnahmen beim reduzierten Mehrwertsteuersatz und Entlastungen bei den Pensionen. Bei der Gegenfinanzierung sind die Verhandler rund um Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner von einer Einigung aber noch weit entfernt. Offen ist auch, ob das Gesamtvolumen 5,9 (SPÖ) oder 5 (ÖVP) Milliarden Euro betragen soll. Das hängt davon ab, worauf man sich bei der Gegenfinanzierung verständigt.
Einig sind sich die Koalitionspartner hingegen über die Senkung des Eingangssteuersatzes von derzeit 36,5 auf 25 Prozent. Auch die höheren Tarifstufen seien schon verhandelt worden. Unbekannt ist noch, ob man sich beim Spitzensteuersatz von 50 Prozent geeinigt hat. Die SPÖ möchte die Einkommensgrenze für diesen von 60.000 auf 80.000 Euro jährlich anheben. Im ÖVP-Modell soll er erst ab 100.000 schlagend werden. Die Experten der Steuerreformkommission schlagen in ihrem Bericht, den sie der Regierung übergeben haben, eine Reihe von Streichungen des reduzierten Mehrwertsteuersatzes (10 statt 20 Prozent) vor.
Eben diese sollen beim aktuellen Treffen der politischen Verhandler diskutiert werden. "Das System ist durchlöchert von Ausnahmen. Man muss sich überlegen, ob nicht direkte Förderungen (im Kulturbereich etwa, Anm.) effizienter wären", sagt Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), die Mitglied der Steuerreformkommission ist, zur "Wiener Zeitung". Die Experten orten hier Einsparungspotenzial von 400 Millionen Euro. Eine Streichung bei Lebensmitteln, Wohnen oder Tourismus sei nicht sinnvoll und würde Geringverdiener treffen.
Lange Ausnahmen-Liste
Die Liste der Ausnahmen ist in der Tat lang und beinhaltet zum Beispiel einen ermäßigten Steuersatz auf Schnittblumen, den Ab-Hof-Verkauf von Wein, Kino- und Theaterkarten. Laut dem Förderungsbericht 2013 hat der Fiskus wegen des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von zehn Prozent geschätzte 4,2 Milliarden Euro weniger eingenommen. Aus der Medien-, Kunst- und Kulturbranche, die mit sinkenden Budgets und Förderungen zu kämpfen hat, kommt naturgemäß Kritik.
Bei den niedrigeren Pensionen stehen Entlastungen in Form von geringeren Sozialversicherungsbeiträgen oder, wie von der SPÖ vorgeschlagen, in Form einer jährlichen Steuergutschrift, der Negativsteuer, zur Diskussion. Diese Modelle sollen dem Vernehmen nach auch bei Einkommen unter 11.000 Euro jährlich verhandelt worden sein. Laut "Standard" haben sich die Verhandler auf eine Entlastung über die Sozialversicherungsbeiträge geeinigt. Diese soll aber im Finanzministerium in Form einer automatischen Arbeitnehmerveranlagung abgewickelt werden.
Vermögenssteuern noch Thema
Anfang der Wochen hatten Insider gegenüber der "Wiener Zeitung" erzählt, dass die Einigung auf eine Erbschafts- und Schenkungssteuer "vom Tisch", dafür aber die Millionärsabgabe noch im Gespräch sei. Die ÖVP beteuert weiterhin, die Steuerreform ohne neue Steuern über Einsparungen finanzieren zu wollen. Seitens der SPÖ wird auf Anfrage hier eine Einigung dementiert. Auch Otto Farny von der Arbeiterkammer, ebenfalls Mitglied der Expertenkommission, sagt: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die SPÖ vorauseilend darauf verzichtet." Angeblich soll die SPÖ auch bei den Lohnnebenkosten kompromissbereit sein.
Bei der Betrugsbekämpfung - hier wollen beide eine Milliarde für die Gegenfinanzierung holen - könnten SPÖ und ÖVP auf einen grünen Zweig kommen. Trotz des Widerstands der Wirtschaftskammer wolle man über die Registrierkassenpflicht sprechen. Das Thema Steuerflucht in Steueroasen sei Insidern zufolge bisher kaum im Gespräch. Hier könnte die Regierung allerdings ein Positionspapier der OECD zur internationalen Bekämpfung von Kapitalflucht abwarten, das Ende des Jahres kommen soll. Offizielle Informationen zu den Verhandlungen gibt es nicht. SPÖ und ÖVP haben bis 17. März Stillschweigen vereinbart.