Immer wenn in der FPÖ Konflikte aufbrechen, gibt sich die Partei nach außen hin besonders verschlossen.
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Dass in der FPÖ gerade etwas am Gären ist, ließ sich zuletzt an der Suche eines blauen Kandidaten für die Wahl zum Bundespräsidenten erkennen. Sie zog sich über Wochen und wurde erst nach Verlängerung entschieden. Nach außen drang dennoch so gut wie nichts. Und am Ende schienen mit Routinier Walter Rosenkranz alle relativ glücklich.
Nun wurde aber, eher zufällig, eine mögliche Intrige innerhalb der FPÖ ruchbar, die auch nahe an Parteichef Herbert Kickl heranreicht. Denn sie betrifft einen engen Weggefährten Kickls und führte innerparteilich zu Konsequenzen sowie einer privaten Tragödie. Beim ehemaligen FPÖ-Abgeordneten und zuletzt Mitarbeiter des Klubs, Hans-Jörg Jenewein, waren nach einer Hausdurchsuchung für die Partei heikle Dokumente gefunden worden. In der Vorwoche verlor er seinen Job und seine Mitgliedschaft in der Partei. Am Sonntag dürfte er versucht haben, sich das Leben zu nehmen.
Im Zentrum steht mutmaßlich ein Konflikt zwischen der Parteiführung und der Wiener Landesgruppe. Auf Jeneweins Handy war der Entwurf einer anonymen Anzeige gegen Wiener Funktionäre gefunden worden. Das lässt viel Raum für Spekulationen und Irritationen. Dennoch blieben die Funktionäre nach außen hin ruhig. Salzburgs Marlene Svazek sagte Ö1, dass man "natürlich darüber reden müsse", dieses Thema aber vorrangig die FPÖ Wien betreffe.
Schnedlitz: Vorerst keine Präsidiumssitzung
Die "Tiroler Tageszeitung" berichtete, dass einige Landesparteien auf eine Präsidiumssitzung drängen, nach außen forderte das aber niemand mit Vehemenz ein. Nur Burgenlands Alexander Petschnig sagte zur APA, er würde ein solches Treffen "begrüßen".
Von FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz hieß es zur "Wiener Zeitung", dass es diese Woche keine Präsidiumssitzung geben werde, zumal gerade Urlaubszeit sei. Man sei aber mit allen Landesorganisationen in ständigem Austausch. Einen Konflikt mit der Wiener Landesorganisationen sieht Schnedlitz nicht.
Wie so oft, gibt sich auch diesmal die Partei recht verschlossen. "Es gibt keinen Richtungsstreit und keine Turbulenzen", sagte Svazek zur APA.
Peter Filzmaier, Politikwissenschafter an der Donau-Uni in Krems, ortet bei der FPÖ ein größeres Maß an Geschlossenheit und auch "Korpsgeist", wie er sagt, als bei anderen Parteien. Da würden Funktionäre oft auch ungefragt kommunizieren. So gab es erst kürzlich Ablösegerüchte um Karl Nehammer, obwohl dieser erst im Mai am Parteitag mit 100 Prozent gewählt wurde. Der Echtheitsbeweis dieses Plans konnte zwar nicht erbracht werden, aber die Volkspartei ist eben groß genug, dass sich bald jemand findet, der gegenüber Journalisten derartige Gedankenspiele wälzt - aus welchen Motiven auch immer.
Die SPÖ hat innerparteiliche Debatten in jüngerer Vergangenheit sogar gleich auf dem Balkon geführt, bei der FPÖ ist das dagegen selten. Das heißt nicht, dass es keine Konflikte gibt, doch Interna dringen nicht so leicht an die Öffentlichkeit. Das liegt laut Filzmaier auch daran, dass sich die FPÖ schon immer in einer Art "Parallelwelt" befände. Gemeint ist damit, dass die blauen Funktionäre und Mitarbeiter abseits der polit-medialen Szene stünden und es weniger informelle Kontakte gibt, etwa bei den diversen Veranstaltungen, an denen die FPÖ-Politiker nur selten teilnehmen.
Das vor allem seit Jörg Haider eingebläute "Alle sind gegen uns" habe diese Verschlossenheit noch einmal gestärkt, erklärt der Politologe. Andererseits: "Intern ist in jeder Partei die Macht oder die Chance auf Macht ein einigendes Element." Das betrifft auch die FPÖ. Der Konflikt um die Parteispitze im Vorjahr war dann auch eher kurz und knackig und rasch entschieden.
Dass mit Kickls Übernahme nicht alle Landesparteien glücklich waren, ist eines der wenigen offenen Geheimnisse der FPÖ. Kickls Radikalopposition war einigen in der Partei zu viel. Doch man arrangierte sich - zumindest nach außen hin.
Doch anders als früher, will laut Filzmaier die blaue Wählerschaft eine erneute Regierungsbeteiligung der FPÖ. Und auch bei der ehemaligen Protestpartei selbst sei das "Samenkorn des Regierenwollens" steckengeblieben, so Filzmaier. Mit Kickl als Parteichef ist eine Rückkehr in eine Regierung auf Bundesebene aber zweifellos schwieriger.(sir)
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