Zum Hauptinhalt springen

Stillstand oder Überleben

Von Eva Stanzl

Wissen
Die Regierung will, dass Unternehmen mehr in Forschung investieren.
© © © Andrew Brookes/Corbis

Staat könnte mit Anreizsystem helfen. | Bürokratie bei EU-Förderung schreckt ab.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Österreich will zu den Top-Forschungsnationen aufsteigen. Angesichts der Budgetkonsolidierung wird die öffentliche Hand die Forschungsbudgets jedoch kaum ausweiten. Laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut entsteht eine Finanzierungslücke von 922 Millionen Euro bis 2015. Laut der Bundesregierung sollen die Unternehmen mehr Geld in die Hand nehmen.

Doch wie investitionsbereit ist die Wirtschaft? Am gefragtesten ist offenbar, was die Auftragsbücher füllt und wo es Aussichten auf Produkte gibt. "Die Industrie investiert nicht erst seit der Wirtschaftskrise, sondern hat das bereits währenddessen getan, besonders in Forschungsprojekte in den Bereichen Elektromobilität, Energieversorgung, Umwelt und Informationstechnologien. Es geht darum, dass wir auf dem Weltmarkt in Nischen sichtbar werden", sagt Anton Plimon, Geschäftsführer des Austrian Institute of Technology (AIT), zur "Wiener Zeitung".

Themen im Stadium der Grundlagenforschung, wie etwa Risikoabschätzung in der Nanotechnologie, würden hierzulande hingegen zumeist von der öffentlichen Hand getragen.

Nichtsdestotrotz sieht Plimon für Unternehmen keine Alternative, als die Forschungsgelder sowohl bei den Grundlagen als auch im Bereich der Anwendungen aufzustocken: "Es ist eine Überlebensfrage: Man kann sein Geld entweder in den kapitalintensiven Ausbau von Traditionstechniken stecken, der bald an seine Grenzen stößt. Oder man kann sich erneuern. Jene, die es schaffen, ressourcenschonend zu produzieren, sowohl was Energie und Umwelt als auch Personalressourcen betrifft, und dabei neue Produktansätze schaffen, werden einen Wettbewerbsvorteil haben", sagt der Geschäftsführer des größten außeruniversitären Forschungszentrums in Österreich.

Das AIT, ehemals Forschungszentrum Seibersdorf, hatte sich jüngst durch Ausgliederungen und straffere Schwerpunktsetzung in die schwarzen Zahlen zurückgebracht. Auftragsforschung für die Wirtschaft steht dort groß geschrieben.

Vorbild Singapur

Der wissenschaftliche Leiter Wolfgang Knoll schlägt ein Anreizsystem vor. Der Staat könne mit Incentives Unternehmen dazu motivieren, sich mit eigenem Geld stärker in der Grundlagen- und Risikoforschung zu engagieren. "Singapur etwa gibt für jeden Sing-Dollar, den eine Firma in die Grundlagen-Forschung investiert, 1,5 Sing-Dollar dazu. Steuerlich kann die Firma sogar 3 Sing-Dollar absetzen", beschreibt es Knoll.

Gleichzeitig verweist er auf einen vergleichsweise geringen Stellenwert von EU-Förderungen. Obwohl jährlich rund 120 Millionen Euro an Forschungsgeldern von Brüssel nach Österreich fließen, wollen viele Unternehmer einen Antrag nicht auf sich nehmen. "Viele Firmen sagen danke, so viel Bürokratie brauche ich nicht. Die überbürokratischen Investitionen, die damit oft verknüpft sind, schrecken ab".

Künftig will das AIT verstärkt bei der Themensetzung der EU-Rahmenprogramme mitmischen. "Wir wollen in jene EU-Gremien hinein, in denen die Förderprogramme definiert werden", sagt Knoll. Bald könnten forschungsintensiven Betrieben also Förderungen aus den Bereichen Umwelt, Energie, intelligente Stromnetze und energieeffiziente Stadtentwicklung zur Verfügung stehen. Selbst, wenn die Lösungen vielleicht in zehn Jahren anders aussehen werden als jetzt.