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Kommunalwahlen in Polen: Koalition auf dem Prüfstand. | Geringe Wahlbeteiligung zeichnet sich ab. | Warschau. Radio Maryja macht wieder Wahlwerbung. Aus seinen politischen Sympathien hat der umstrittene katholische Sender auch bisher keinen Hehl gemacht. Doch je näher die Kommunalwahlen in Polen rücken, umso deutlicher wird den Zuhörern gemacht, wen sie wählen sollen: Abgeordnete der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), der Fraktion der Zwillingsbrüder Lech und Jaroslaw Kaczynski. Stundenlang zählte Radio Maryja vor kurzem Namen, Wahlkreise und Listennummern von Bewerbern auf - lauter PiS-Kandidaten.
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Mehr als 30 Millionen Polen sind am Sonntag aufgerufen, fast 2500 Bürgermeister und 47.000 Gemeinderäte zu wählen. Mehr als 270.000 Personen bewerben sich um die Sitze, 30 Gruppierungen treten in mehr als einer Woiwodschaft (Regierungsbezirk) an.
Wahlblöcke bevorzugt
Rechtzeitig vor dem Urnengang setzte PiS eine Änderung der Wahlordnung durch: Demnach können Parteien Wahlbündnisse schließen und dabei trotzdem getrennt zur Wahl antreten. Bei der Mandatsverteilung wären Wahlblöcke aber gegenüber Einzelparteien bevorzugt. So wird der Urnengang vor allem zu einem Match zwischen zwei fast gleich starken Blöcken. Wie auf Regierungsebene arbeitet PiS dabei mit der rechtsnationalen Samoobrona (Selbstverteidigung) und der Liga der Polnischen Familien zusammen. Für sie würden laut Umfragen rund 40 Prozent der Polen stimmen. Für den Wahlblock, den die größte Oppositionspartei, die Bürgerplattform (PO), mit der gemäßigten Bauernpartei PSL bildet, würden 33 Prozent votieren. Auch in Warschau liegt PiS derzeit voran: So würde der ehemalige Premier und PiS-Kandidat für das Bürgermeisteramt, Kazimierz Marcinkiewicz, mehr Stimmen erhalten als Hanna Gronkiewicz-Waltz von der PO.
Zugang zu EU-Fonds
Seit Polens Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 2004 haben die Kommunalwahlen an Bedeutung gewonnen. Geht es doch um den Zugang zu rund 70 Milliarden Euro, die in den kommenden Jahren aus EU-Fonds in die polnischen Regionen fließen sollen.
Nicht zuletzt ist das Votum aber auch ein Stimmungstest für die Regierung. Ein Jahr nach der Parlamentswahl in Polen, die einen Rechtsruck brachte, steht die Politik der instabilen konservativen Koalition auf dem Prüfstand.
Dass PiS einen großen Dämpfer bekommt, ist aber unwahrscheinlich - auch wenn einer Umfrage zufolge lediglich 15 Prozent der Bürger davon überzeugt sind, dass sich die Lage im Land in eine gute Richtung entwickelt. Eher werden viele Polen ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen, indem sie den Urnen fernbleiben. So will nur jeder zweite Pole wählen gehen.