Die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen hat sich in den letzten Jahren nicht geschlossen, sondern noch weiter geöffnet. Die mittleren Brutto-Jahreseinkommen der unselbstständig Erwerbstätigen lagen im Vorjahr bei Frauen bei 15.304 Euro und bei Männern bei 25.592 Euro. Das bedeutet einen Unterschied von knapp 40 Prozent. Frauenministerin Maria Rauch-Kallat nannte diesen Umstand eine "unerfreuliche und nichtakzeptable Realität".
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Die Differenz zwischen den mittleren Jahreseinkommen der unselbstständig Beschäftigten lag 1997 bei 33 Prozent und ist somit bis 2001 um sieben Prozent gestiegen. Laut dem jüngsten Bericht der Bundesregierung über den "Abbau von Benachteiligung von Frauen" hat sich der Unterschied bei den Pensionsbezügen kaum geändert, denn Männer hatten 1997 im Schnitt eine um 42 Prozent höhere Pension als Frauen.
Diese Bilanz erscheint allen Parteien schon seit Jahren unerfreulich. An Konzepten zur Behebung dieses Missstandes fehlt es dennoch nicht. Laut Rauch-Kallat sind die drei Auslöser für die Kluft der Einkommen auch gleichzeitig die Ansatzpunkte, um die Einkommensschere zu schließen. Diese sind der Berufseinstieg, die Aus- und Weiterbildung und die Aufstiegschancen. Junge Mädchen und deren Eltern sollten eine bessere Aufklärung erhalten, da etwa 70 Prozent in Berufe wie Frisörin und Sekretärin einsteigen.
Zum Beispiel sollten Frauen vorrangig auch Babypausen für eine "Neuqualifikation" nutzen, um sich die besten Voraussetzungen für einen Wiedereinstieg ins Berufsleben zu sichern. Teilzeitbeschäftigung laute hier das Zauberwort, das die Situation deutlich verbessern könnte. In Berufspausen sollte den Frauen eine Karriereplanung helfen, und ein gezieltes Mentoring sollte ihnen zur Verfügung gestellt werden. Die ÖVP will eine Verringerung der Einkommensschere bis 2010 erreichen.
SPÖ-Frauenvorsitzende Barbara Prammer findet es dramatisch, dass die Schere eher auseinander als zusammen geht: "Wer einen europaweiten Vergleich anstellt, sieht, dass die Einkommensschere dort verringert wird, wo die Politik bereit ist, die traditionellen Rollenbeschreibungen zu durchbrechen. In Österreich, einem konservativen Land, das von den Regierungsparteien geprägt wird, gelingt es schon seit langem nicht, diese Schere zu schließen." Der erste Ansatzpunkt, den Prammer nennt, ist die Geschlechterzuteilung zu stoppen. Ein Beispiel ist für sie ein junges Mädchen, das, weil sie eventuell in Zukunft einmal Kinder bekommen könnte, beim Berufseinstieg schlechter bezahlt wird als ihre männlichen Kollegen. "Ein längeres Aussteigen vom Beruf verstärkt diese Falle zusätzlich." Es sollten daher Möglichkeiten geschaffen werden, die es reizvoller machen, kürzere Zeit zu Hause zu bleiben. Auch Prammer nennt hierzu das Schlagwort "Teilzeit", vor allem auch für Männer. An dieser Stelle sollte ein politischer Schwerpunkt gesetzt werden. Außerdem sollte es eine flächendeckende Kinderbetreuung geben, die es Frauen erleichtern würde, wieder ins Berufsleben einzusteigen. Durch Gleichstellungsförderungsmaßnahmen, die in Österreich nicht vorhanden seien, würde die Erwerbstätigkeit für Frauen einfacher werden. In den skandinavischen Ländern sei beispielsweise die Arbeitszeitregelung für Eltern bei weitem besser organisiert, was bedeutet, dass Frauen besser an Männer angeglichen sind. Tatsache sei, dass die meisten Frauen in Niedriglohnbranchen arbeiten. Das müsste von den Sozialpartnern geändert werden.
Eindeutige Incentives wie "Bindung an die Wirtschaftsförderung" wünscht sich die Frauensprecherin der Grünen, Brigid Weinzinger. Damit meint sie, dass Unternehmen sich dazu verpflichten, Frauenförderungsmaßnahmen zu ergreifen. Sie sollten zum Beispiel die Quote der Frauen, die bei ihnen arbeiten, nachweisen und zeigen, dass sie gewillt sind daran zu arbeiten, Frauen den Männern gleichzustellen. Es sei nämlich belegt, dass 17 Prozent der erwerbstätigen Frauen weniger als 1.000 Euro brutto verdienen. "Fehlende Rahmenbedingungen in der Pflege, mangelnde Betreuung der Kinder und fehlende Einrichtungen beeinträchtigen die Situation zunehmend", erklärt Weinzinger.
Einen anderen Vorschlag hat Magda Bleckmann, Frauensprecherin der FPÖ, parat. Sie setzt unter anderem auf "Cross-Mentoring": "Dies würde bedeuten, dass sich ältere erfahrene Männer vermehrt junger karrierebewusster Frauen annehmen sollten, um ihnen im Beruf zu helfen." Alle vier Frauensprecherinnen plädieren zudem für einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn.