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Stopp für Schließung von Bezirksgerichten

Von Brigitte Pechar

Wirtschaft

Vorbild Bergers ist der letzte SPÖ-Justizminister Broda. | Justizpolitik als Hebel für Gesellschaftspolitik. | "Wiener Zeitung":Was sind Ihre ersten Ziele als Justizministerin?


Maria Berger: Das wird vor allem die Umsetzung der Passagen aus dem Regierungsprogramm sein, in denen die Weiterentwicklung des Familienrechts angesprochen wird. Dort, wo das Recht nicht mehr mit der gesellschaftlichen Entwicklung übereinstimmt, muss es Reformen geben.

Die scheidende Justizministerin Karin Gastinger hat das bereits versucht und ist an der ÖVP gescheitert.

Dabei wird man es nicht bewenden lassen können. Da wird man noch einen Anlauf nehmen müssen. Ich hoffe doch, dass auch in der ÖVP ein anderes Denken einkehrt. Wichtig ist mir die Gleichstellung von Partnerschaften - auch von gleichgeschlechtlichen - und die Verbesserung der Rechte von Stiefeltern.

Die Justizminister Böhmdorfer und Gastinger haben damit begonnen, die Zahl der Bezirksgerichte zu reduzieren. Gastinger hielt zuletzt daran fest, pro Bezirk nur ein Bezirksgericht zu haben.

Da bin ich anderer Auffassung. Für mich gilt der Grundsatz, dass die Rechtsprechung möglichst nah bei der Bevölkerung sein soll. Das ist auch wichtig für die Infrastruktur des ländlichen Raumes. Ich möchte weitere Schließungen der derzeit 141 Bezirksgerichte vermeiden, wenn es der budgetäre Spielraum zulässt.

Die SPÖ hat in der vergangenen Legislaturperiode vor allem die Schließung des Jugendgerichtshofes kritisiert. Werden Sie das rückgängig machen?

Die räumliche Zusammenführung wird wohl nicht mehr umkehrbar sein. Aber mir ist wichtig, dass die Jugendlichen ein breites Angebot erhalten, das ihnen die Resozialisierung erleichtert.

Frauenministerin Doris Bures will ihre Anliegen in Koordination mit allen Ministerien umsetzen. Im Justizressort wird es ihr vermutlich darum gehen, den Unterhaltsvorschuss zu verbessern.

Da stehe ich als Verbündete an ihrer Seite. Man muss dafür sorgen, dass die Frauen rascher und einfacher zu ihrem Geld kommen.

Sie sind seit Christian Broda die erste SPÖ-Justizministerin. Ist Broda ein Vorbild für Sie?

Ja. Ich habe ihn noch gekannt, er war für mich als Juristin sehr prägend. Wie er verstehe auch ich das Recht als soziale Funktion, als Instrument der gesellschaftlichen Gestaltung.

I st für Sie das Recht Mittel zur Gesellschaftspolitik?

Man kann Anreize geben. Das Recht muss der Gesellschaft nicht zehn Jahre vorauseilen, es darf aber auch nicht nachhinken. Jetzt wäre es erst einmal schön, wenn wir die Lücke zwischen der gesellschaftlichen Realität und den juristischen Gegebenheiten sehr rasch schließen könnten.

Kennen Sie das Justizressort?

Ich kenne einige Beamte. Das Justizministerium war immer ein Ressort mit hochqualifizierten Menschen. Ich freue mich, dass ich das Justizministerium bekommen habe.

Zur Person

http://www.wienerzeitung.at/Images/2007/1/10/318740133.jpg Die gebürtige Oberösterreicherin, Maria Berger , übernahm 2004 in der SPÖ-Delegation im Europaparlament die Führung. Die heute 50-Jährige hat über die Jahre mehr durch Arbeit im Hintergrund auf sich aufmerksam gemacht als durch politischen Aktionismus. Dem Europaparlament gehört die ehemalige Bundesvorsitzende der Jungen Generation der SPÖ seit November 1996 an. Seit damals ist sie Mitglied des Rechtsausschusses, zuletzt war sie Justizsprecherin der europäischen Sozialdemokraten.

Davor war sie vor allem in der Wissenschaft tätig. Sie war Assistentin an der Universität Innsbruck, Vizepräsidentin der Donau-Uni Krems und Leiterin der Europaabteilung des Bundeskanzleramtes.