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Nein, Radiowetter war das nicht am Sonntag: mild und sonnig. Durchaus störend, wenn man den Tag eigentlich mit Ö1 verbringen will. Schon vormittags - bald nach "Patina" mit dem Archivschatz (1976) von Spoerls "Feuerzangenbowle" in Serie, von Ernst Grissemann höchst lebhaft vorgetragen -, ein Termin, den man ungern missen würde: "Ambiente", die Sendung "Von der Kunst des Reisens", deren Texte nun immer tags darauf, also am Montag, in der "Wiener Zeitung" (auf Seite 23) nachzulesen sind: illustriert und mit Tipps.
Das Spektrum der "Ambiente"-Beiträge war weit gespannt. Von der eher moderaten Form des Reisens des Habsburger-Erzherzogs und Forschungsreisenden Ludwig Salvator bis zur anerkennenswerten österreichischen Initiative "respect", die sich den Auswüchsen des Reisens unserer Tage annimmt und den "sanften Tourismus" propagiert, Reisende darüber informiert, wie sie den Bereisten in Entwicklungsländern möglichst wenig schaden. Ferner u. a. ein berührender Beitrag über Hiroshima, der "Stadt des schwarzen Regens", wo Friedensmuseum, Friedenspark und darin als ewiges Mahnmal eine Ruine an den US-Atombombenabwurf im Jahre 1945 erinnern und Überlebende heute noch an den Spätfolgen leiden.
Nachmittags in "Menschenbilder" die faszinierende Begegnung mit Mariedl Fischnaller-Pircher: eine 68-jährige blinde Südtirolerin, die über Lebenskraft und Initiative wie nur wenig Menschen verfügt. Und in den "Tonspuren" ein trister Lokalaugenschein nahe Rio de Janeiro: die Rekonstruktion der letzten Tage von Stefan Zweig, der hier 1942 mit seiner Frau aus dem Leben schied - innerlich gebrochen und aus Schwermut über die Zerstörung des geistigen Europa.