Das Urteil zur Klage des sanktionierten Russen-Oligarchen wird noch vor der Hauptversammlung Mitte Juni erwartet.
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Zwischen der Strabag und Oleg Deripaska herrscht seit vorigem Jahr Funkstille. Der russische Oligarch, der als Putin-Vertrauter gilt, ist bei Österreichs größtem Baukonzern als Kernaktionär sanktioniert, kann nicht über seine Anteile verfügen (der von ihm entsandte Aufsichtsrat wurde abberufen), hat somit keine Möglichkeiten der Einflussnahme und bekommt auch keine Dividenden. Die österreichischen Haupteigentümer der Strabag und deren Management sind dabei den Vorgaben der Europäischen Union gefolgt - vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Deripaska fühlt sich ungerecht behandelt und hat geklagt.
In dem rechtlich brisanten Fall gab es am 15. Februar eine Verhandlung am Landesgericht Klagenfurt, das zuständig ist, da die Strabag ihren Sitz in Villach (Kärnten) hat. Wobei die Richterin ankündigte, dass das Urteil schriftlich ergehen wird. "Wir hoffen, dass es noch vor der Jahreshauptversammlung (am 16. Juni, Anm.) eintrudelt", sagte Strabag-Chef Klemens Haselsteiner am Donnerstag bei der Präsentation der Konzernbilanz 2022. Der Sohn von Hans Peter Haselsteiner, dessen Familie zusammen mit Raiffeisen/Uniqa 57,8 Prozent an der Strabag hält und einen neuen Syndikatsvertrag (ohne Deripaska) fixiert hat, geht auch davon aus, "dass die Anfechtung abgelehnt wird".
Mehr Streubesitz im Visier
Deripaska ist über seine Holdingfirma Rasperia mit 27,8 Prozent an der Strabag beteiligt, sein Aktienpaket ist zu aktuellen Kursen 1,13 Milliarden Euro wert. Kassierte der Russe schon für das Geschäftsjahr 2021 keine Dividende, soll er auch bei der für 2022 geplanten und auf der Jahreshauptversammlung noch zu beschließenden Dividendenzahlung von unverändert 2,00 Euro pro Aktie leer ausgehen. Hier geht es nach Berechnungen der "Wiener Zeitung" um immerhin rund 57 Millionen Euro, die Deripaska vorenthalten werden sollen.
Die im Vorjahr verkündeten Pläne zur Vergrößerung des Strabag-Streubesitzes bekräftigte Klemens Haselsteiner am Donnerstag. "Der Strabag-Aktie fehlt es an Liquidität", sagte der seit Jahresbeginn amtierende CEO. "Die Absicht, den Streubesitz zu erhöhen, besteht nach wie vor." Wie ein zweiter Börsengang, ein Secondary Public Offering (SPO), aussehen könnte, ließ Haselsteiner aber offen. Er sagte nur, dass die Sanktionen gegen Deripaska die Sache nicht einfacher gemacht hätten. Momentan sind nur 11,7 Prozent der Strabag-Aktien breit im Börsenpublikum gestreut.
Bauleistung steigt, Gewinn sinkt
Geschäftlich lief es für die Strabag im vergangenen Jahr nicht schlecht, beim Ergebnis musste der europaweit tätige Konzern aber Federn lassen. So fiel der Nettogewinn mit 472,5 Millionen Euro um fast ein Fünftel schwächer als 2021 aus. Dies sei dennoch der "zweithöchste Wert seit Bestehen der Strabag", wie das Unternehmen in den Unterlagen zu seiner Bilanzpressekonferenz betonte. 2021 sei von "außergewöhnlich positiven Ergebniseinflüssen" geprägt gewesen.
Punkten konnte die Strabag hingegen bei ihrer Bauleistung, die 2022 um ein Zehntel auf 17,7 Milliarden Euro anstieg. Ebenfalls positiv: Der Auftragsbestand markierte zum Jahresende "trotz steigender Baukosten und beschleunigter Zinswende" mit 23,7 Milliarden Euro (plus 6 Prozent) ein neues Allzeithoch.
Heuer will Firmenchef Haselsteiner die Bauleistung trotz herausfordernden Umfelds weiter steigern - auf 17,9 Milliarden Euro. Daraus soll eine operative Gewinnmarge von zumindest 4 Prozent resultieren.
Vom Fachkräftemangel ist auch die Strabag betroffen. Laut Haselsteiner sind im Konzern derzeit 3.700 Stellen offen, davon 540 in Österreich. Um gegenzusteuern, investiert die Strabag verstärkt in die Ausbildung ihrer eigenen Arbeitskräfte.