Heimische Wirtschaftskapitäne erwarten bei der Wahl im Herbst einen Zweikampf zwischen Christian Kern und Sebastian Kurz.
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Wien. Österreichs Unternehmer sind sich über den Ausgang der Nationalratswahl im Herbst einig. "Ich glaube, es ist schon entschieden. Es wird ein Endspiel zwischen Kern und Kurz", bringt es der Industrielle Hans Peter Haselsteiner auf den Punkt. Spannend werde es um Platz drei. Es sei möglich, dass Grün und Pink vor Blau liege, sprich dass die Grünen und die Neos gemeinsam bei einer Koalitionsbildung eine Alternative zur FPÖ sein könnten. "Ich will weder rot-blau noch blau-schwarz", sagt Haselsteiner. Die Wähler sollten sich erinnern, dass zwischen 2000 und 2005 eine schwarz-blaue Koalition regiert und diese der Republik schweren Schaden zugefügt habe.
Einige Strafprozesse, in die Politiker aus dieser Zeit verwickelt seien, seien noch nicht beendet. Sein Engagement bei den Neos will Haselsteiner weder intensivieren, noch zurückfahren. Er sei Pensionist und sehe sich als politischen Menschen. Die finanzielle Unterstützung der Neos werde er in gleichem Umfang wie bisher fortsetzen.
"Die Dinge werden sich ändern, es gibt jetzt drei ernst zu nehmende Kandidaten", sagt Sanierer Erhard Grossnigg. Es sei nicht auszuschließen, dass der designierte ÖVP-Chef Sebastian Kurz die Wahl gewinnen und mit der FPÖ koalieren werde. Kurz werde ein anderes Klientel ansprechen, die Jungen. Aber auch Bundeskanzler Christian Kern stehe für das Neue und wolle Veränderung. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sei nun plötzlich "der Alte". Grossnigg glaubt, dass die FPÖ nur Dritter wird. Die Politik müsse sich in den kommenden Monaten und auch nach der Wahl auf zwei Dinge konzentrieren: Wirtschaft und Bildung. "Die Arbeitseinkommen müssen entlastet werden, dann haben wir sofort einen Konjunkturschub", sagt Grossnigg. Finanzieren würde er das durch ein Einstellen des "Förderunsinns".
Keine Zeit für Verbesserungen
"Die Wirtschaft braucht verlässliche Rahmenbedingungen, solche Zeiten wie jetzt bieten das nicht", sagt der Industrielle Hannes Androsch. In dem Wirrwarr der vergangenen zehn Jahre sei auch nicht viel geboten worden. "Wir haben Nachholbedarf, und Wahlzeiten sind keine Zeiten für Verbesserungen", sagt Androsch. Wie sich die Monate vor der Wahl entwickeln, werde man erst sehen, wenn sich der Nebel gelichtet hat. Es gehe derzeit nur um Personen, bei keiner merke man, wofür sie stehe. Es gehe nur um die eigene Karriere. "Ich habe noch kein zukunftsorientiertes konsistentes Programm, bei dem Wirtschafts- und Sozialpolitik verbunden werden, gesehen", sagt Androsch. Was für den Wirtschaftsstandort Österreich zu tun wäre, sei klar. "Es liegen genug Vorschläge für Therapien am Tisch, aber es gibt keine Therapeuten, die sie anwenden." Der "Vorschriftenwahn" sei zu beenden, die Steuerbelastung müsse zurückgehen, die Ausgabenverschwendung eingedämmt und mehr für Bildung und digitale Infrastruktur getan werden. Er rechnet nicht, dass heuer noch viel passiert. "In den nächsten Wochen wird nichts weitergehen, dann kommt der Sommer und nach den Wahlen werden die Wunden geleckt." Heuer werde die Zeit nicht mehr reichen, ein Budget auf den Weg zu bringen.
Das, was sich die Öffentlichkeit gewünscht hat, ist nun eingetroffen, sagt Norbert Zimmermann, Aufsichtsratsvorsitzender der Berndorf AG: "Dass sich Verkrustungen auflösen, sich die ÖVP verändert und dass bei den Grünen etwas passiert. Die Veränderungen sind da, das sollte man positiv sehen." Bei der SPÖ seien diese schon passiert, bei der FPÖ noch nicht. Das Durchschnittsalter der handelnden Personen sei durch die Umbrüche gesunken, vielleicht seien diese gegenüber Veränderungen aufgeschlossener. Ein Anliegen für die kommenden Monate ist Zimmermann die Änderung des Stiftungsrechts. Die Reformüberlegungen seien im Gang, sie müssten nun zu Ende geführt werden. Ein weiterer Wunsch: "Die Parteien sollten nicht den Fehler wiederholen, ihre Klientel zu bedienen, sodass wir dann vor Milliarden von Ausgaben sitzen." Den Wirtschaftsaufschwung sieht Zimmermann durch die politischen Turbulenzen nicht bedroht. "Der Aufschwung ist nicht österreichabhängig, das sind weltwirtschaftliche Gründe."
Wirtschaften wird schwieriger
"Ein bisschen weniger Bürokratie wäre schön. Doch es wird mehr, statt weniger", sagt Robert Hartlauer, Inhaber der Elektronikkette Hartlauer. Das Selbstständigmachen werde schwieriger und bestehenden Unternehmen werde der Fortbestand erschwert. Eine Geschäftseröffnung sei vor 20 Jahren leichter als heute gewesen. "Früher hat ein Mitarbeiter gereicht, der den Umbau organisiert hat. Heute braucht man einen zweiten, der die Bürokratie managt", sagt Hartlauer. Hohe Lohnnebenkosten würden dazu führen, dass Arbeit ins Ausland abwandere, etwa Kfz-Reparaturen. Es wäre sinnvoll, gewisse Bereiche in Unternehmen von Lohnnebenkosten zu befreien, damit Arbeiten, die weniger hoch bewertet werden, wieder leistbar würden.
Für Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands, sind vorgezogene Neuwahlen nie wünschenswert, waren aber in der aktuellen Situation die beste Lösung. Er hofft darauf, dass dringende Beschlüsse noch vor der Wahl in die Umsetzung gelangen. Arbeitszeitflexibilisierung, der Beschäftigungsbonus und die Abschaffung der kalten Progression sollten zeitnahe fixiert werden. Die neue Regierung müsse Lösungen mit verbindlichen Umsetzungsfristen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen.