Verbleibende Stiftungsvorstände wollen im Amt bleiben.
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Wien. In der Affäre um die Privatstiftung einer 90-jährigen Wienerin kommt Martin Graf (FPÖ) einer gerichtlichen Abberufung zuvor und tritt als Stiftungsvorstand zurück. Dies teilte der Dritte Nationalratspräsident am Montag mit. Die beiden anderen Stiftungsvorstände, der Wiener FPÖ-Mandatar Alfred Wansch und der FPÖ-nahe Rechtsanwalt Michael Witt kündigten allerdings an, dem Beispiel Grafs nicht zu folgen und die Vorwürfe entkräften zu wollen. Damit liegt eine Entscheidung über den Abberufungsantrag von Stifterin Gertrud Meschar beim Handelsgericht.
Die Entscheidung darüber wird für Ende Juli, Anfang August erwartet. Sollte das Gericht dem Antrag stattgeben, wird es auch einen neuen Stiftungsvorstand einsetzen, sagt Meschar-Anwalt Alexander Hofmann zur "Wiener Zeitung". Vorgeschlagen hat Meschar dafür Hofmann, den früheren Präsidenten des Unabhängigen Verwaltungssenats Heinrich Geuder und eine weitere Vertrauensperson. An diesen Vorschlag sei das Gericht aber nicht gebunden, so Hofmann.
Inhaltlich kann aber auch der neue Vorstand die Stiftung nicht verändern, sagt der Anwalt. Dieser sei "unwiderruflich und unveränderbar" und "rechtlich hält das", trotz massiver Kritik (von Knebelvertrag und Sittenwidrigkeit war vereinzelt die Rede). Es müsse auch gar nichts geändert werden, sagt Hofmann: "Wenn die Stiftung im Sinne des Stiftungszwecks verwaltet wird, dann ist Frau Meschar schon zufrieden."
Eine nicht unwichtige Änderung soll aber dennoch so schnell wie möglich kommen: Die jährliche Ausschüttung an die Stifterin soll auf 20.000 bis 30.000 Euro erhöht werden. Die jetzigen 5000 Euro seien nämlich "nicht in Stein gemeißelt", so Hofmann.
Dazu muss allerdings die nötige Liquidität vorhanden sein. Derzeit gibt es zwar Immobilien, aber auch einen offenen Kredit über mehr als 200.000 Euro. Ein Verkauf vor allem der umstrittenen Liegenschaft in Wien Döbling (in dem Gebäude betreibt Grafs Bruder eine Gaststätte, wobei es bei den Pachtzahlungen zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein soll, außerdem sitzt dort die Redaktion von Grafs Homepage unzensuriert.at) soll laut dem Anwalt von Gertrud Meschar geprüft werden. Sollte sich dann herausstellen, dass die Liegenschaft - wie vermutet wird - überteuert gekauft wurde, werde man auch Schadenersatzforderungen erwägen.
Straches Kehrtwende
Graf will sich zu der Causa nicht mehr öffentlich äußern. Allerdings kündigt er Klagen gegen "Falschbehauptungen" in Medien an. Den Rückzug begründet er damit, dass er "drohenden Schaden" durch negative Berichterstattung von der FPÖ abhalten wolle. Tatsächlich dürfte diesbezüglich der innerparteiliche Druck zuletzt massiv zugenommen haben. So hatte Parteichef Heinz-Christian Strache am Wochenende eine Kehrtwende vollzogen und in der "Presse" eine "mehr als komische Optik" eingeräumt.
Das Verhältnis zwischen Graf und Strache war nie besonders gut. Dies habe nun einen "vorläufigen Gipfel" erreicht, sagt Politikexperte Thomas Hofer zur "Wiener Zeitung". Dass Strache Graf nun auch zum Rücktritt drängen wird, wie das die übrigen Parteien fordern, glaubt Hofer nicht, auch wenn jetzt für Strache "eine gute Gelegenheit" wäre, Graf loszuwerden. So teilt auch FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl mit: "Selbstverständlich bleibt Martin Graf Dritter Präsident des Nationalrats. Ein Rücktritt aus diesem Amt steht nicht zur Debatte."
Was Graf sein Amt retten dürfte, sind seine guten Verbindungen ins burschenschaftliche Milieu. "Das Lager, das Graf repräsentiert, ist zentral für Strache und die FPÖ. Das darf er nicht nachhaltig vergrämen", so Hofer.
Während Strache auf die Burschenschafter angewiesen ist, bringen ihm diese herzlich wenig Sympathie entgegen. Zwar ist auch Strache korporiert, allerdings nur auf Mittelschulebene. Weil ihm darüber hinaus auch ein akademischer Grad fehlt, bleibt er für viele Burschenschafter "nur der Zahntechniker".