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Strache traf Flynn - fast

Von Eva Zelechowski

Politik

In den USA soll die FPÖ den künftigen Nationalen Sicherheitsberater getroffen haben. Dieser dementiert.


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Washington/Charlotte/New York. Für Aufregung sorgte die FPÖ-Parteispitze mit einem Moskau-Besuch im Dezember nach der österreichischen Bundespräsidentenwahl. Dabei unterzeichneten die Politiker eine Vereinbarung zur verstärkten Zusammenarbeit in wirtschaftlichen wie politischen Bereichen mit Wladimir Putins Partei "Einiges Russland". Die Reise sowie die geplante Kooperation hatten international Wellen geschlagen.

Ein paar Tage später, am 19. Dezember, veröffentlichte Strache in einem Facebook-Posting weitere Details zur Moskau-Reise und dem Arbeitsabkommen. Enthalten war darin auch ein interessanter Nebensatz. Demnach habe eine "FPÖ-Delegation unter FPÖ-Obmann Strache in den USA Michael Flynn und andere hochrangige US-Politikern" zu Gesprächen getroffen. Gemeinsam habe man im Trump Tower auch den Sieg des neuen US-Präsidenten verfolgt.

Dann plötzlich eine überraschende Wende: Am 21. Dezember erklärte der CNN-Korrespondent im Weißen Haus, Jim Acosta, via Twitter, zwischen Michael Flynn und Heinz-Christian Strache hätte kein Treffen stattgefunden und berief sich dabei auf eine Quelle aus Flynns Umfeld. Die "New York Times" hatte wie viele andere internationale Medien über den Russland-Pakt der FPÖ berichtet und auch das Treffen mit Flynn erwähnt. Scheinbar wollte Trumps neuer Nationaler Sicherheitsberater nicht mit einer "Partei, die nach dem Zweiten Weltkrieg von Nazis gegründet worden war" – ein Narrativ, das dieser Tage in US-amerikanischen Medien sehr verbreitet ist – in Verbindung gebracht werden. Und das, obwohl einige Millionäre und Privilegierte aus Donald Trumps Kabinett für ihre Nähe zum rassistischen Ku-Klux-Klan bekannt sind. Der Ex-General Flynn war in der Vergangenheit selbst immer wieder mit rassistischen und antisemitischen Provokationen aufgefallen – zum Beispiel hatte er den Islam als "Krebsgeschwür" bezeichnet.

Die Fakten: Eine FPÖ-Delegation reiste auf Einladung des republikanischen US-Kongressabgeordneten Robert Pittenger im November zu Gesprächen mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft nach Charlotte. Auch Besuche in New York und Washington standen an. Mit dabei die EU-Abgeordneten Harald Vilimsky und Georg Mayer, der steirische Landtagsabgeordnete Mario Kunasek sowie Wiener Landtags- und Gemeinderat Maximilian Kraus. Strache musste, wie Harald Vilimsky im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" sagte, frühzeitig nach Wien abreisen, um gemeinsam mit Norbert Hofer an einer jüdischen Gedenkveranstaltung der FPÖ teilzunehmen.
Währenddessen traf sich die FP-Delegation mit Kongressmann Pittenger, Behörden, Vertretern des FBI, der Homeland Security und dem Justizministerium. Den Wahltag am 8. November hätten die Österreicher im Trump Tower in New York verbracht, erzählte Kunasek dem steirischen Regionalteil von "Meinbezirk.at".

Eine Ungenauigkeit Straches könnte nun zu dem Tohuwabohu geführt haben. In einem Video-Interview mit dem Online-Magazin VICE, das am 12. Dezember veröffentlicht wurde, sagte er: "Wir haben mit Michael Flynn ein Gespräch gehabt." Der VICE-Redakteur Michael C Moyniohan bestätigte auch via Twitter, FPÖ-Chef Strache habe ihm persönlich erzählt, dass die FPÖ-Politiker nicht nur Flynn, sondern auch Pittenger und den US-Kongressabgeordneten der Republikaner Steve King getroffen hätten. Und da es in der Aussendung hieß "eine Delegation unter FPÖ-Chef Strache traf sich mit Flynn", gingen Journalisten von Wien bis nach New York davon aus, dass dieser auch dabei gewesen sei.

Warum dementiert Flynn?

Ein Sprecher des designierten US-Präsidenten Donald Trump dementierte nun, dass FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bei seinem USA-Besuch Michael Flynn getroffen hat. Auf Anfrage der "Wiener Zeitung" bestätigte zunächst FP-Sprecher Martin Glier die US-Reise: "Soweit ich weiß, war Heinz-Christian Strache dort. Ob er Michael Flynn getroffen hat, weiß ich nicht."

Verschiedene US- und internationale Medien zitieren jetzt Trump-Sprecher Jason Miller, der als künftiger Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses nominiert ist, mit den Worten, es habe "fake news" darüber gegeben, dass sich Flynn mit einem österreichischen Politiker getroffen habe. "Tatsache ist, dass Ex-General Flynn den besagten österreichischen Politiker weder getroffen noch mit ihm gesprochen hat und sich vehement von Gruppen mit solchen Einstellungen und Standpunkten distanziert", zitierte das ultrarechte Nachrichten-Portal "Breitbart" den Trump-Sprecher.

EU-Abgeordneter Harald Vilimsky meint, zu dem kuriosen Missverständnis habe eine "journalistische Nicht-Präzision" geführt. Die Aufklärung ist unspektakulärer als vermutet. Aufgrund der Überschneidung von Terminen hätte es der FPÖ-Obmann nicht ins 63. Stockwerk des Trump Towers geschafft, wo Ex-General Michael Flynn auf ihn wartete. Er habe stattdessen einen Termin mit dem Generalkonsul von New York wahrgenommen und den EU-Abgeordneten Georg Mayer und den steirische Landesparteiobmann Mario Kunasek als Vertretung in den Trump-Tower geschickt. Worüber man bei dem 90-minütigen Treffen sprach, wollte Harald Vilimsky nicht verraten. Heinz-Christian Strache habe die FPÖ-Delegation dann auch nicht mehr nach Charlotte begleiten können, weil er – so Vilimsky – "jüdische Gäste in Wien empfangen musste".

"Heinz-Christian Strache hat nie behauptet, dass er persönlich bei Flynn war", sagt Vilimsky. Stimmt. Wahrscheinlich hätte auch keinen österreichischen Journalisten interessiert, wer genau wen traf. Doch die Reaktionen aus dem Weißen Haus warfen die Frage auf, ob der FP-Obmann die Wahrheit sagt. Eine weitere Frage ist, weshalb Michael Flynn nicht in Verbindung mit Heinz-Christian Strache gebracht werden will, sich aber mit dessen Vertretern aus dem EU-Parlament und der Steiermark an einen Tisch setzt.

Putins Allianz mit Europas Rechte

Seit mehreren Jahren wird über eine geopolitische Allianz zwischen Wladimir Putin und rechtsextremen Parteien Europas mit dem Ziel, die Europäische Union zu destabilisieren, gemunkelt. Frankreichs Marine Le Pen erhielt einen Millionenkredit einer Kreml-nahen russischen Bank, nachdem sie öffentlich die umstrittene Krim-Annexion Russlands anerkannte. Auch der ungarische Premier Viktor Orban schloss eine millionenschwere Vereinbarung mit Russlands Präsident für die Modernisierung des Atomkraftwerks Paks II. In Österreich sind FPÖ-Politiker wie Johann Gudenus seit Jahren bekannt für ihre Russland-Connections. Der Wiener Vize-Bürgermeister reiste mit einer FPÖ-Delegation sowie einigen anderen Vertretern der europäischen Rechten (Italiens Lega Nord, Frankreichs Front National, Ungarns Jobbik) beim Krim-Referendum als "unabhängiger Wahlbeobachter" an und bescheinigte Russland anschließend lupenreine Vorgehensweise bei den Wahlen.

Buch über Allianz der Rechten zum Kreml

Im Frühjahr 2017 erscheint das Buch "Putins rechte Freunde" des Grünen EU-Abgeordneten Michel Reimon und der "Wiener Zeitung"-Redakteurin Eva Zelechowski im Falter-Verlag, das die Versuche des Kreml im Rahmen einer Allianz mit Europas Rechtsparteien zur Destabilisierung der EU analysiert.