Asylkoordination: "Wäre Verstoß gegen Menschenrechte."
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Wien. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache forderte am Mittwoch im Parlament eine Höchstgrenze zur Asylwerber-Aufnahme. Strache betonte, dass Österreich in der Vergangenheit hinsichtlich der Hilfe für Flüchtlinge "Großes" geleistet habe. Es könne aber nicht sein, dass Österreich beziehungsweise Europa alle Flüchtenden aufnehme: "Wir werden die Probleme nur in den Problemregionen lösen können", meinte er mit Hinblick auf den Nahen Osten.
Auf Nachfrage, wie er das genau meint, sagt sein Sprecher: "Wir wollen in eine Diskussion eintreten, wie viele Menschen unser Land aufnehmen kann." Es gehe um eine "Gesamtzahl, die sich an der Bevölkerung" misst. In Österreich kommen auf eine Million Einwohner 572 Asylwerber. Die Zahl variiert europaweit extrem - von 945 in Malta, 1960 in Schweden über 15 in Rumänien oder 10 in Portugal.
Deckel drauf, Lager zu
Die Forderung, die Schutzsuchenden in Europa besser aufzuteilen, erheben so ziemlich alle Politiker. Doch der Sprecher meint: "Unsere Forderung ist mehr als das." Es geht der FPÖ um eine fixe Höchstzahl. Der Deckel würde also auch dann nicht gehoben, wenn die Zahl - bei gerechter Verteilung in Europa - überschritten würde.
"So etwas verstößt gegen Artikel 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte", sagt Katharina Glawischnig, Juristin bei der Asylkoordination: "Jeder Mensch hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgungen Asyl zu suchen und zu genießen."
Es ist nicht ausjudiziert, inwieweit die Erklärung der Menschenrechte der UNO bereits universales und bindendes Recht ist. Doch auch in der Genfer Flüchtlingskonvention, die Maßstab für Österreich ist, steht all jenen Asyl zu, die glaubhaft nachweisen können, dass sie wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder politischen Gesinnung daheim verfolgt werden.
"Jeder Mensch hat ein Recht auf Asyl. Das heißt, jeder kann einen Antrag stellen", sagt Glawischnig. Wenn die Zahl der Antragsteller eine Höchstgrenze überschreite, könne man das Recht nicht einfach absprechen. Und auch Europa könne die Zahl nicht einfach deckeln.
Sehr wohl eine Höchstzahl erlaubt ist bei sogenannten "Resettlement-Flüchtlingen". Damit ist die Umsiedlung von "besonders verletzlichen Flüchtlingen" gemeint, die das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR auswählt. Syrer gehören dazu. Österreich hat sich bereit erklärt, 1500 aufzunehmen.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sagte im Parlament, es sei eine "ganz große Herausforderung", dass derzeit die Flüchtlingszahlen aus Syrien steigen - "für Österreich, für ganz Europa". Daher fordere sie eine verpflichtende Quote für alle EU-Mitgliedsstaaten, damit alle Staaten "zu gleichen Teilen Kriegsflüchtlinge aufnehmen".
Was heißt gleich
Dabei stellt sich aber die Frage, woran sich die Aufnahmefähigkeit misst. Nach der Bevölkerungszahl, wie Strache meint? Glawischnig plädiert hingegen dafür, die wirtschaftliche Stärke der Länder zu berücksichtigen und das Bruttoinlandsprodukt oder die Kaufkraft heranzuziehen. "Man kann Schweden und Bulgarien nicht vergleichen", meint sie zur Aufnahmefähigkeit. Bevor über Quoten geredet werde, müssten außerdem erst Standards vereinheitlicht werden, etwa für die Unterbringung und Betreuung. Diese variierten extrem.
Wer als Flüchtling anerkannt wird, ist in Europa ebenfalls alles andere als einheitlich geregelt. Entsprechend ungleich verlaufen die Flüchtlingsströme - siehe die vergleichsweise starke Konzentration von Tschetschenen in Österreich während und nach den Tschetschenien-Kriegen. Andere Länder wie etwa die Slowakei nahmen damals praktisch keine Tschetschenen auf. Ohne diese Vereinheitlichung im Verfahren ist eine Aufteilung illusorisch.