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Ex-Kommissarin behält Pension. | Luxemburg/Brüssel. Mit einem Knalleffekt endete am Dienstag das Verfahren gegen die ehemalige EU-Kommissarin Edith Cresson. Sie habe sich schuldig gemacht, sei aber nicht zu bestrafen, urteilte der Europäische Gerichtshof.
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Zwar habe die frühere französische Premierministerin im Dienste der Kommission tatsächlich "eine Pflichtverletzung von gewissem Schweregrad begangen, als sie die Einstellung von Herrn Berthelot, einem engen Bekannten, als Gastwissenschaftler bewirkte", urteilte das Gericht. René Berthelot, ein mit Cresson befreundeter Zahnarzt, wurde trotz fehlender Qualifikation mit einem hoch dotierten Job als Aids-Experte versehen. Allein die Feststellung der Pflichtverletzung sei jedoch Sanktion genug, befinden die Richter.
Die Forderung des Generalanwalts Leendert Geelhoed, der Ex-Kommissarin wegen Günstlingswirtschaft 50 Prozent ihrer EU-Pension zu streichen, griffen die Richter nicht auf. Die EU-Kommission hatte den Gerichtshof angerufen. Sie wollte klarstellen, ob ein Fehlverhalten Cressons vorliege und ob ein Teil oder die ganzen Pensionsrechte gestrichen werden sollten.
Immerhin wird der Ex-Kommissarin angekreidet, die EU-Kommission unter Jacques Santer in den Abgrund gerissen zu haben. Bei den Untersuchungen wegen Verdacht auf Korruption und Betrug, die Santers Team 1999 zum Rücktritt zwangen, war Cresson als einziges Mitglied der Behörde persönlich scharf kritisiert worden. Sie habe in ihrem Ressort Vetternwirtschaft und Missmanagement betrieben und geduldet, hatten die so genannten fünf Weisen - ein Rechnungsprüfer und vier Richter - geurteilt.
Dennoch wird sie weiterhin etwa 3600 Euro Pension pro Monat für ihre knapp fünfjährigen Dienste in der Brüsseler Behörde erhalten. "Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist das letzte Wort in der Affäre gesprochen", erklärte Kommissionssprecher Johannes Laitenberger. Gegen diese Instanz gibt es keine Berufungsmöglichkeit.