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Strand und Pelzgeschäft inklusive

Von Martyna Czarnowska

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"Krise? Welche Krise?" Die griechische Insel Rhodos will der Misere des Landes trotzen - und hat sich auf ihre russischen Touristen eingestellt.


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Ein paar Brocken Russisch hat Yannis schon gelernt. Der griechische Barmann kann nicht nur "Bitte", "Danke" und "Ich liebe dich" in der slawischen Sprache sagen, sondern auch nach den Wünschen seiner Kunden fragen. Und seit ein paar Jahren stammen etliche der Gäste, die Yannis hinter seiner Theke in einer Bar auf der Insel Rhodos bedient, aus Russland. Das sei auch gut so, meint der 50-Jährige. Denn ohne diese Klientel wäre die Krise, die Griechenland erschüttert, noch mehr spürbar. Zwar gehe es den Menschen auf dem Festland schlechter, weil sie sich teilweise nicht einmal mehr Medikamente leisten können, erzählt Yannis. Doch die Inseln, die zu einem großen Teil vom Fremdenverkehr leben, sind wiederum vom Rückgang der Buchungen stark betroffen.

Aber die russischen Touristen kommen auch heuer. Und mittlerweile machen sie mehr als die Hälfte der rund zweieinhalb Millionen Rhodos-Besucher pro Jahr aus. Die Hotels auf der Insel haben sich auf sie eingestellt. Wie die zwei Häuser im Ort Kallithea, nur ein paar Kilometer von der Hauptstadt Rhodos entfernt. Das Wort "Paradies" tragen beide im Namen, und zusammen bilden sie einen Komplex, der mehrere tausend Menschen beherbergen kann. Dazwischen liegt in einer kleinen Bucht der hauseigene Strand, es gibt auch ein paar Schwimmbecken, mehrere Restaurants, Tennis- und Kinderspielplätze, drei Mahlzeiten pro Tag sowie Gratisgetränke bis 23 Uhr. Kurz - alles, was das Herz eines All-Inclusive-Urlaubers begehrt, ob aus der deutschen, englischen, schwedischen oder russischen Mittelschicht.

Für die Russen finden sich sogar ein paar Extras mehr: Ein Pelzgeschäft ist gleich neben dem Hoteleingang untergebracht. Die Sonderangebote werden mit Schildern auf Russisch angepriesen. Kyrillische Schrift ist ebenfalls auf den Anschlagtafeln im Hotel zu sehen.

Die Saison auf Rhodos neigt sich ihrem Ende zu. Doch auch noch Mitte Oktober können die Gäste im Meer baden. Schon bald aber wird es ruhiger auf der Insel zugehen. Zu ruhig, wenn es nach Swetlanas Geschmack geht. Die junge Russin lebt seit zwei Jahren auf Rhodos, arbeitet als Rezeptionistin. Sie ist für ein Praktikum auf die Insel gekommen, ein weiteres folgte. Und dann hat sie hier geheiratet und ist geblieben. Sie mag ihre Arbeit, sagt sie. Und es gefalle ihr nicht, wenn sie im Winter nicht arbeiten könne.

Der Taxifahrer Kostas hingegen hat nicht nur in der Saison zu tun. Er kennt seine Insel genau, er ist hier geboren und aufgewachsen. Ob er da auch die ökonomische Situation seines Landes spüre? "Krise?", fragt Kostas zurück. "Welche Krise?" Und dann macht er eine ausladende Armbewegung auf die Einfamilien-Häuser, die sich links und rechts der Straße aneinanderreihen. "Schau dir diese Gebäude an", fordert er. "Sie sind alle neu. Und schau dir die Autos an, die wir fahren. Von denen sind auch viele neu." Klar habe die verrottete Politik Griechenland in den Bankrott getrieben, Rhodos gehe es aber noch immer nicht schlecht, stellt Kostas fest. An den Bauruinen und den geschlossenen Geschäften fährt er schweigend vorbei.