Österreich ist nicht Litauen. So viel sei zur Beruhigung einmal gesagt. Denn dort haben laut dem Korruptionsbarometer 2010 von Transparency International 34 Prozent der Befragten dafür bezahlt, von einer Behörde "Aufmerksamkeit zu erhalten". In Österreich liegt dieser Wert mit neun Prozent aber immer noch weit über dem EU-Durchschnitt von fünf Prozent.
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Österreich ist damit sicherlich als Ganzes noch kein korruptes Land; klar ist aber, dass man es hierzulande mit der Transparenz nicht so genau nimmt. Das zeigt einerseits der Fall des mittlerweile zurückgetretenen EU-Mandatars Ernst Strasser, der Österreich mit seiner Lobbying-Affäre in die Schlagzeilen gebracht hat. Auch die Affäre rund um "Connect", jene Firma, die die Kärntner Freiheitlichen dazu benutzt haben sollen, Parteispenden zu verschleiern, fällt wohl eindeutig in die Kategorie "unlauteres Verhalten in der Politik".
Und das, obwohl die Art und Weise, wie Parteispenden hierzulande offengelegt werden müssen, ohnehin nicht unbedingt ein Musterbeispiel an Transparenz darstellen. Denn lediglich Spenden in der Höhe von mehr als 7260 Euro müssen öffentlich ausgewiesen werden - und das ohne Nennung des edlen Spenders. Nur dem Rechnungshof müssen Spenden ab dieser Höhe inklusive Namensnennung übermittelt werden. Davon erfährt die Öffentlichkeit dann allerdings nicht.
Auch stellt sich die Frage, ob nicht Lobbying per se mit der Tätigkeit als gewählter Volksvertreter unvereinbar sein sollte. Freilich ist es naiv zu glauben, dass Mandatare nur die Interessen ihrer Wähler vertreten; aber Letztere sollten zumindest ein Anrecht auf Information darüber haben, wen genau sie wählen.
Bisher gibt es lediglich auf EU-Ebene eine Liste, in die Abgeordnete ihre Lobbying-Tätigkeiten eintragen können - aber nicht müssen. In Österreich ist laut dem Politologen Hubert Sickinger nicht einmal die Bestechung von Abgeordneten verboten. In den USA, dem Musterland der Transparenz, dürfen Lobbyisten Politiker nicht zum Essen einladen, Spenden von mehr als 2500 Dollar pro Jahr und Abgeordnetem sind ohnehin verboten.
Im Lichte der aktuellen Entwicklungen hat man nun auch in Österreich reagiert - neben den länger bekannten Überlegungen zu einer transparenteren Parteispendenregelung wird an einem Lobbying-Gesetz gebastelt. Ob diese Änderungen effizient sein werden, wird die Zukunft zeigen. Denn die Politiker setzen sich die Rahmenbedingungen ihres Handelns selbst. Und wer sägt schon gerne den Ast ab, auf dem er sitzt - auch wenn dies einen noch so guten Eindruck machen würde?
Siehe auch:Lobbyistengesetz-Entwurf bis Mai
+++ Lobbyisten kämpfen um ihren Ruf