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Strategien für die Hotellerie 4.0

Von Andrea Möchel

Wirtschaft
Auch im Hotelbetrieb lässt sich die Digitalisierung nicht mehr wegdenken.
© getty images/Tom Werner

Die Digitalisierung stellt Österreichs Beherbergungsbranche vor komplexe Herausforderungen.


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Wien. Wie steht es um die Digitalisierung in der heimischen Hotellerie? Wie um die "digitale Fitness" der Mitarbeiter? Und wie gut wird der Gast auf seiner "customer journey" begleitet? Diese und andere Fragen beantwortet eine länderübergreifende Benchmark-Studie zum Digitalisierungsstand der Hotellerie in Österreich und Deutschland. Aufbauend auf einer Untersuchung aus dem Jahr 2016, hat das Beratungsunternehmen Roland Berger 587 Hoteliers zu den Auswirkungen der Digitalisierung in ihren Unternehmen befragt.

"Die Studie zeigt ganz klar, dass die Digitalisierung voll in der Branche angekommen ist und dass sie sich durch immer schneller werdende Innovationszyklen auszeichnet", sagt Markus Gratzer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), im Gespräch mit der Wiener Zeitung. "Am wichtigsten ist es daher, am Ball zu bleiben, denn die besten Lösungen bringen nichts, wenn man sie nicht kennt oder einsetzen kann."

Digitales Know-how gesucht

Laut Studie sind 92 Prozent der heimischen Hoteliers und 86 Prozent ihrer deutschen Kollegen überzeugt, dass die Digitalisierung mittlerweile tiefgreifende Auswirkungen auf ihre Betriebe hat. Damit einher geht die Selbsterkenntnis, dass der Bedarf an digitalem Know-how rasant steigt. Laut Umfrage benötigen 78 Prozent der österreichischen Betriebe mehr digitalen Support von außen und 73 Prozent gleichzeitig mehr Know-how innerhalb des Unternehmens. 45 Prozent geben an, sie würden bessere Fachkräfte brauchen.

Wie steht es also um die digital versierten Mitarbeiter? "Es werden immer mehr", sieht Gratzer die heimischen Beherbergungsunternehmen auf dem richtigen Weg. "Die Betriebe, die es sich leisten können, holen sich externe Online-Profis ins Unternehmen, andere bilden eigene Mitarbeiter als Hotelkaufmänner und -frauen aus. Und ein großer Teil schickt seine Mitarbeiter zur Weiterbildung." Genau hier setze die ÖHV als Wissensprovider an. "An unserem Campus bekommen die Hotels jene Tools in die Hand, mit denen sie im Online-Match um den Gast als Sieger vom Platz gehen."

Vor allem die Seminare zu Online-Marketing und Revenue-Management seien regelmäßig ausgebucht. Betrachtet man das Umfrageergebnis zum digitalen Marketing wie Webauftritte oder Booking Engines, zeigt diese Weiterbildung offenbar Wirkung. "Da hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Online buchbare Zimmer, Suchmaschinenoptimierung, eine responsive Website und die aktive Betreuung von Social Media sind schon lange nicht mehr Kür, sondern Pflicht", ist Gratzer zufrieden. Im Netz schnell gefunden zu werden und gut buchbar zu sein, sei schließlich unumgänglich, will man sich von internationalen Multis wie Booking.com. emanzipieren.

Innovationen in allen Bereichen

Bleibt die Tatsache, dass heimische Hoteliers ihre Mitarbeiter hinsichtlich des digitalen Wissenstands in der aktuellen Studie schlechter als 2016 bewerten. Das liege schlicht daran, dass die Digitalisierung mittlerweile in Bereiche vordringe, bei denen man dies bis vor kurzem noch nicht erwartet habe, glaubt ÖHV-Chef Gratzer.

Auffallend sei dies vor allem bei der sogenannten "customer journey", darunter versteht man alle Kontaktpunkte, die sich zwischen Kunden und Unternehmen ergeben. "In den ersten drei Phasen der ,customer journey‘ -,Suchen und inspiriert werden‘, ,Entdecken und planen‘ sowie ,Buchen‘ - gelingt es den Betrieben mittlerweile sehr gut, die Gäste digital abzuholen", sagt Gratzer. "Doch nun passiert immer mehr Innovation in den nachgelagerten Phasen, wo es vielerorts in den Häusern noch Nachholbedarf gibt." Beim Abschnitt "Ergänzen und verbessern" könnten dies Vorschläge für Freizeitaktivitäten sein, bei der Etappe "Erleben" der Einsatz eines digitalen Concierge und beim finalen "Reflektieren" die Nachbetreuung der Gäste mittels personalisiertem E-Mail-Marketing.

Digitale Innovationen können aber nicht nur die Beziehung zu den Kunden verbessern, sondern auch innerbetriebliche Abläufe optimieren. "Potenzial dafür gibt es wahrscheinlich in jeder Abteilung, vom Housekeeping bis hin zur Warenwirtschaft in der Küche", glaubt Gratzer. "Momentan tut sich sehr viel im Bereich der Rezeption: Online oder Self-Service Check-in/Check-out. Chatbots für Gästeanfragen, Online-Meldung der Gästedaten sowie innerbetriebliche digitale Kommunikation für To-dos sind im Kommen. Das alles entlastet die Mitarbeiter und diese können mehr Zeit dem Gast widmen."

Schnelles Internet gefordert

Freilich nützen auch die besten Tools nichts, wenn es bei der Infrastruktur - Stichwort schnelles Internet - hapert. "Da sind wir leider noch nicht dort, wo wir gerne wären", bedauert Gratzer. So seien Gäste gewohnt, Filme in der höchsten Qualität und binnen kürzester Zeit verfügbar zu haben. Dass man in einem Hotel mit hundert anderen Gästen gleichzeitig auf die Bandbreite zugreift, werde dabei oft vergessen.

"Das bringt aber selbst das beste Netz an seine Kapazitäten", gibt der Chef der Hoteliervereinigung zu bedenken - und appelliert an die Politik, rasch zu handeln. "Wir würden uns einen schnelleren Roll-out der restlichen verfügbaren Breitbandmilliarde wünschen, damit gerade der ländliche Raum hier noch mehr nachziehen kann."