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Sträuben gegen das Strenge

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Italien, Spanien und Frankreich mobilisieren. | Mögliche Kompromisse tauchen auf. | Brüssel. Vielen Mitgliedsländern der Eurozone gefällt der Gedanke offenbar nicht mehr so gut, dass sie künftig tatsächlich harte Strafen zahlen müssten, wenn sie den Euro-Stabilitätspakt verletzten. Denn je mehr sich die Wirtschaft und der Eurokurs stabilisiert, desto weniger Interesse scheint es an der Verschärfung des Pakts zu geben. Das zeichnete sich bei den Treffen der Eurozonenminister und bei der wahrscheinlich letzten Sitzung der Arbeitsgruppe unter EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy ("Task-Force") am Montag ab.


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Auf Basis der Vorarbeit der Task-Force hatte EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn Ende September weit reichende Vorschläge für einen härteren Stabilitätspakt gemacht. De facto automatisch solle die Kommission Strafverfahren gegen Mitgliedsländer eröffnen können, die mit einem abgestuften finanziellen Sanktionsmechanismus gekoppelt wäre, meinte Rehn. Ein Betrag über 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung würde dem Eurosünder frühzeitig abgeknöpft und nur bei genauer Befolgung der Kommissionsvorgaben wieder rückerstattet. Verfahren sollten künftig nicht nur bei der Überschreitung der Drei-Prozent-Grenze beim jährlichen Defizit sondern auch bei massiven Verstößen gegen die Vorgabe, die Gesamtverschuldung unter 60 Prozent zu halten.

Zwar sollten die neuen Verfahren erst frühestens in drei Jahren zur Anwendung kommen. Doch beim hochverschuldeten Italien schrillten alle Alarmglocken. Gemeinsam mit Frankreich und Spanien kündigte es Widerstand an. Paris widerstrebt vor allem die Oberhand der Kommission bei der Einleitung der Strafverfahren ohne aussichtsreiche politische Einspruchsmöglichkeit der Mitgliedsstaaten.

Deutschland, die Niederlande und Österreich stützten die strengen Vorgaben Rehns dagegen - zeigen sich aber gegenüber den anderen verhandlungsbereit. Der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager ärgerte sich öffentlich, dass "viele Mitgliedsstaaten kalte Füße bekommen."

Als Kompromiss könnten eine Gnadenfrist von bis zu sechs Monaten vor dem Greifen finanzieller Sanktionen für Eurosünder und eine Aufwertung der Einspruchsmöglichkeit in Frage kommen.

Künftig mehr Amtshilfe

Für heute, Dienstag, wurde die Einigung auf eine strengere EU-Richtlinie für Amtshilfe in Steuerfragen erwartet. Dabei sollen Informationen über acht Einkommenskategorien EU-weit automatisch regelmäßig ausgetauscht werden, um die grenzüberschreitende Besteuerung zu erleichtern. Die Neuregelung berühre das österreichische Bankgeheimnis nicht, wird in Wien versichert. Erstens sind Zinserträge, wie sie für Bankguthaben üblich sind, nicht von der entsprechenden Passage des vorliegenden Textes erfasst. Zweitens müssten nur jene Daten ausgetauscht werden, über welche die Behörden ohne Zusatzarbeit bereits heute verfügen. Informationen über Begünstigte von Zinserträge und Dividenden gehörten dazu nicht, hieß es.

Im langjährigen Streit ums Bankgeheimnis hat sich Österreich aber grundsätzlich verpflichtet, diese Daten im Einzelfall auf Anfrage anderer EU-Länder und bei begründetem Verdacht auf Steuervergehen zu ermitteln.