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"Maßnahmen sind gegen Landesregierungen gerichtet". | Dennoch wütende Bürgerproteste. | Stuttgart. (ap) Es sind seit mehr als fünf Wochen die gleichen Fernsehbilder, die über den Bildschirm flimmern: Überquellende Mülltonnen, Berge von liegen gebliebenem Unrat am Straßenrand und teilweise geschlossene Kindertagesstätten. Vor allem die deutschen Kommunen sind von dem Streik im Öffentlichen Dienst betroffen. Dort ist die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi stark vertreten. Nach der Einigung in Hamburg und in Niedersachsen und der Schlichtung in Baden-Württemberg rücken nun immer mehr die Landesbediensteten in den Fokus der Streikaktivitäten.
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Denn im Länderbereich herrscht seit geraumer Zeit ein tarifloser Zustand. Die Länder hatten den Tarifvertrag, der für die Kommunen und den Bund gilt, nicht übernommen. Verdi kämpft für die Übernahme und gegen mögliche Einschnitte bei Weihnachts- und Urlaubsgeld. Ferner macht die seit fünf Jahren bestehende Gewerkschaft mobil gegen eine mögliche Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf bis zu 42 Stunden. Normalerweise sind die Aktionen der Landesbediensteten nach außen nicht so sichtbar wie in den Kommunen.
Kein Bußgeld
In Nordrhein-Westfalen wird nach Aussage von ver.di-Sprecher Gregor Falkenhain durchaus öffentlichkeitswirksam gestreikt. Durch Streiks im Gebietsrechenzentrum in Hagen gebe es "sympathische und weniger sympathische Auswirkungen". So erhalten einige Bürger keine Mahnbescheide, beispielsweise für von Gerichten verhängte Bußgelder: "Die freuen sich." Aber auch Bescheide über Wohngeld und Studentenermäßigungen für Öffentliche Verkehrsmittel gehen nicht raus: "Das ist für die Betroffenen natürlich weniger erfreulich."
Wirkung nach innen
"Wir wollen nicht den Bürger treffen", sagt die Verdi-Sprecherin des Landesbezirks Thüringen, Annett Weller. Die Schwierigkeit bestehe darin, dennoch die Landesregierung unter Druck zu setzen. So sei etwa von einem Streik im Landesrechenzentrum der Bürger nur mittelbar betroffen, aber die Auswirkungen nach innen beträfen alle Ämter und vor allem die Landesregierung. Auch der politische Druck sei nicht zu unterschätzen, den die Gewerkschaft auf den Ministerpräsidenten ausüben könne. In Rheinland-Pfalz streiken in der mittlerweile fünften Woche rund 450 Mitarbeiter verschiedener Landesbetriebe, darunter Straßenmeistereien, Universitäten und Verwaltungsbehörden. Der Normalbürger merkt von diesem Streik wenig bis gar nichts, wie auch die Gewerkschaft Verdi einräumt. Man wolle die Landesregierung und nicht die Bürger treffen, erklärt Verdi-Sprecher Jürgen Dehnert.
Wütende Proteste hatte es am 3. März gegeben, als ein Schneechaos über Deutschland herein brach. Allerdings betont die Gewerkschaft, dass sie am Zusammenbruch des Verkehrs auf den rheinland-pfälzischen Autobahnen unschuldig gewesen sei. Faktisch sei der Streik an diesem Tag unterbrochen worden. Nur genützt habe es nichts.
Das Mainzer Innenministerium erklärt, die Landesregierung werde durch den Streik kaum beeinträchtigt. Es gebe derzeit lediglich Engpässe bei der elektronischen Datenverarbeitung, da auch der Landesbetrieb für Daten und Information bestreikt wird.