AUA-Bordbetriebsrat versus -Vorstand: Laut dem EuGH-Generalanwalt wirkt der 2012 einseitig gekündigte KV noch immer nach.
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Wien. Seit zwei Jahren tobt bei der AUA ein Rechtsstreit, der am Ende ziemlich teure Konsequenzen für die Lufthansa-Tochter haben könnte. Piloten und Flugbegleiter liegen im Clinch mit dem Management. Unter anderem geht es dabei um die brisante Frage, ob jener Kollektivvertrag (KV), den der Vorstand im Frühjahr 2012 vor dem Betriebsübergang, dem umstrittenen Transfer des AUA-Flugbetriebes zur kostengünstigeren Tyrolean, gekündigt hat, nachwirkt oder nicht. Am Donnerstag steht in der Causa nun das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) über eine Klage des Bordbetriebsrats an.
Wie es ausfällt, dürfte freilich keine große Überraschung mehr sein. Denn der EuGH-Generalanwalt kam bereits im Juni in seinem Schlussantrag zum Ergebnis, dass der KV "zum Zweck der Aufrechterhaltung der Rechtssicherheit" nachwirkt, solange kein neuer Kollektivvertrag abgeschlossen ist. In der Regel folgen die Richter des EuGH in vier von fünf Urteilen den Empfehlungen des Generalanwalts. Auch das AUA-Management geht davon aus, dass die Entscheidung zu Gunsten der Arbeitnehmer ausfällt, wie ein Sprecher zur "Wiener Zeitung" sagte.
OGH wieder am Zug
Das endgültige Urteil obliegt dann dem Obersten Gerichtshof (OGH) in Österreich, der den EuGH im Juni 2013 eingeschaltet hatte, um von ihm einzelne Rechtsfragen rund um den Fall klären zu lassen. Dass der OGH dem Urteil des EuGH nicht folgt, ist jedoch nicht zu erwarten, heißt es bei Rechtsexperten.
Für die AUA steht viel auf dem Spiel. Der Betriebsübergang macht jedenfalls einen großen Teil jener mehr als 200 Millionen Euro an Einsparungen aus, die Vorstandschef Jaan Albrecht vor zwei Jahren umgesetzt hatte, um die damals fast chronisch defizitäre Airline in die schwarzen Zahlen zu bringen. Neben der Frage, ob der einseitig gekündigte Bord-Kollektivvertrag nachwirkt, ist die Frage, ob der Betriebsübergang legal war, im Übrigen die zweite Front für die AUA. In erster Instanz hatte das Arbeits- und Sozialgericht den Betriebsübergang für nichtig erklärt (die "Wiener Zeitung" berichtete).
Rückstellungen im Rechtsstreit mit dem Bordbetriebsrat hat die AUA bisher nur für das Verfahren rund um den gekündigten KV gebildet - in nicht näher bezifferter zweistelliger Millionenhöhe. "Die juristischen Signale aus Luxemburg (das Gutachten des EuGH-Generalanwalts, Anm.) haben uns dazu veranlasst", erklärte Airline-Boss Albrecht, der zuvor noch siegesgewiss gewesen war, im Juli.
Das Management steht mittlerweile mit dem Rücken zur Wand. Einziger Ausweg aus dem Dilemma wäre ein Konzern-KV, der für alle rund 3000 Flugbegleiter und Piloten der Airline gilt. Seit einem Jahr wird darüber verhandelt, bisher aber ohne Erfolg. Mit einem neuen KV könnte sich das Unternehmen nicht nur von hunderten Einzelklagen der Mitarbeiter "freikaufen", sondern auch einen außergerichtlichen Generalvergleich schließen.
Von einer Einigung dürften beide Parteien jedoch weit entfernt sein. Während der Betriebsrat den gekündigten AUA-KV als Basis für die Verhandlungen sieht, warnt der Vorstand, dass dies die Airline ins "wirtschaftliche Out" manövrieren würde.
Neues Sparprogramm?
Nicht zuletzt wegen des Rechtsstreits mit dem fliegenden Personal rechnen manche Luftfahrtexperten mit einer Redimensionierung der Austrian Airlines. Eine solche würde wohl ein weiteres Sparpaket bedeuten - mit Mitarbeiterabbau und einer Verkleinerung des Streckennetzes, wie es heißt.
Im Lufthansa-Konzern schwelt ein Arbeitskonflikt aber nicht nur bei der AUA, sondern auch bei der Kranich-Linie selbst. Deren Piloten pochen seit längerem auf höhere Gehälter und den Erhalt ihrer Vorruhestandsregelungen. Am Mittwoch - von 10 bis 18 Uhr - streikten sie erneut, bereits das vierte Mal binnen fünf Monaten. Betroffen war der Flughafen München. Insgesamt 140 Flüge mussten annulliert werden, darunter auch die Verbindung München-Wien und retour. Laut Lufthansa waren 13.500 Passagiere von den Ausfällen betroffen.
Kurz noch zur AUA: Für Vertriebsvorstand Karsten Benz, der zur Lufthansa nach Frankfurt zurückkehrt, kommt laut "Presse" der bisherige Lufthansa-Cargo-Vorstand Andreas Otto. Seine Bestellung soll heute vom AUA-Aufsichtsrat abgesegnet werden.