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Die Grenze, die einst die französische Kolonialmacht gezogen hat, existiert de facto längst nicht mehr. In den Bürgerkrieg in der sudanesischen Region Darfur wurden auch die westlich gelegenen Nachbarländer Tschad und Zentralafrika hineingezogen. Das Dreieck zwischen den Staaten gilt heute als eine der gefährlichsten Regionen der Welt.
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Mehr als 200.000 Flüchtlinge aus dem Sudan sollen sich im Tschad aufhalten. Dazu kommen allerdings noch rund 170.000 Vertriebene aus dem eigenen Land. Denn in der Region kämpfen auch Rebellen gegen den tschadischen Präsidenten Idriss Déby. Sie haben ihre Basen im Sudan.
Die Gruppen der Aufständischen, welche die sudanesische Zentralregierung bekriegen, haben wiederum Stützpunkte im Tschad aufgebaut. Die arabischen Reitermilizen, die mit der Zentralregierung in Khartum verbündet sind, machen vor der Grenze gleichfalls nicht halt, sondern verwüsten die Flüchtlingslager auf dem Gebiet der Nachbarstaaten. Und von dem Chaos profitieren natürlich auch noch kriminelle Banden, welche die notleidende Zivilbevölkerung drangsalieren.
Diese soll nun von einer EU-Truppe geschützt werden. Von der UNO gebilligt, soll der Einsatz parallel zum 2008 anlaufenden UNO-Einsatz in Darfur 3000 bis 4000 EU-Soldaten in den Tschad bringen. Vorerst hält sich die Begeisterung aber noch in Grenzen. Zunächst haben nur Frankreich, Polen und Schweden Truppen in Aussicht gestellt. Österreich prüft die Entsendung von 50 bis 60 Soldaten.
Das EU-Parlament will seine Zustimmung von einem klar umrissenen Auftrag abhängig machen. Wie vom UNO-Sicherheitsrat vorgesehen, soll das Mandat auf ein Jahr beschränkt sein und eine "klare Abzugsstrategie" beinhalten.
Dies liegt nicht nur an der kaum bewältigbaren Mission, die Flüchtlingslager zu schützen, sondern auch am Misstrauen gegenüber dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der vehement auf die EU-Mission drängt. Denn bereits jetzt hat Frankreich rund 1000 Soldaten im Tschad stationiert, um dem autoritär regierenden Déby gegen die Rebellen in seinem Land zu helfen. Diese sollen offenbar in die EU-Truppe einfließen, die auch unter französischem Oberbefehl steht.
Noch zu Beginn seiner Amtszeit im Mai hatte Sarkozy erklärt, man müsse das auf alten Beziehungen beruhende französisch-afrikanische Verhältnis neu gestalten. Dies hat die Afrikaner ebenso verärgert wie abfällige Äußerungen Sarkozys oder seine Verschärfung des Einwanderungsgesetzes. Vielleicht will Paris die Kritik nun mit der Rückkehr zu einem verstärkten Engagement auf dem Kontinent besänftigen.
Beobachter vermuten allerdings noch andere Beweggründe als politische oder humanitäre: Denn das Gebiet zwischen Sudan, Tschad und Zentralafrika ist reich an Bodenschätzen wie Uran und Diamanten.