Deutschland und Österreich für einen "dritten Weg". | Absage an den Zwangsverkauf der Übertragungsnetze. | Brüssel. Der Widerstand gegen die EU-Pläne zur Zerschlagung der großen Energiekonzerne für mehr Wettbewerb und Versorgungssicherheit am Strom- und Gasmarkt nimmt konkrete Formen an.
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Die Wirksamkeit der von der EU-Kommission propagierten Maßnahmen würde immer mehr angezweifelt, erklärten der österreichische Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und der Deutschland vertretende Staatssekretär Joachim Wuermeling. Konkret ist die eigentumsrechtliche Trennung des Netzbetriebs von Energieerzeugung und -vertrieb unter Beschuss. Zumindest Österreich, Deutschland und Frankreich kündigten konkrete Alternativvorschläge für einen "dritten Weg" zur "effektiven Entflechtung" der Energiekonzerne Anfang 2008 an. Denn auch der von der Kommission als Wahlmöglichkeit vorgestellte "unabhängige Netzbetreiber" sei für Unternehmen wenig attraktiv, erläuterte Wuermeling: Die Energieproduzenten hätten lediglich das formale Eigentum and den Netzen und bei voller Haftung keinerlei Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg der Betreibergesellschaft.
Rechtliche Entflechtung
Alle stünden aber hinter den Zielen der Kommission. Als Eckpunkte des "dritten Wegs" kann sich Berlin daher etwa eine noch stärkere Unabhängigkeit der Netzbetreiber als bisher, einen Rechtsanspruch neuer Anbieter auf Netzzugang und unabhängige Investitionsentscheidungen, eventuell mit rechtlichen Druckmitteln auf die Netzbetreiber, vorstellen. Ein Ausbau der schon bisher verbindlichen "rechtlichen Entflechtung" sieht auch Bartenstein als möglichen Weg. Denn zunehmend würden die Annahmen der Kommission kritisch gesehen. Sowohl hinsichtlich Versorgungssicherheit als auch der Netztarife könnten durch die eigentumsrechtliche Trennung aufgrund von bisherigen Erfahrungen "keine besonderen Vorteile" festgestellt werden. Die beste Versorgungssicherheit gebe es in der EU in Deutschland, Österreich und den Niederlanden - nur in letzterem mussten die Netze verkauft werden. Und trotz eigentumsrechtlicher Entflechtung gebe es die höchsten Netztarife in Dänemark, Italien und Portugal. Noch deutlicher Wuermeling: Er fürchte einen völligen Investitionsstopp in die Energieübertragungsnetze. Denn "wer investiert in ein Gut, dass er verkaufen muss", fragte er. Darüber hinaus sei jeder Betreiber von Übertragungsnetzen versucht, zu diskriminieren - ein Eigentumswechsel daher begrenzt sinnvoll.