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Streit um Donauwasser

Von Thomas Pressberger

Wirtschaft

Das Vorhaben, das Weinviertel mit Donauwasser zu bewässern, stößt auf Kritik.


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Wien. Die Hitzeperioden werden häufiger und die Regenfälle unregelmäßiger. Das stellt die Landwirtschaft im Osten Österreichs vor neue Herausforderungen. Das von der Landwirtschaftskammer initiierte Vorhaben, das Weinviertel und das südliche Wiener Becken mit Donauwasser zu bewässern, - die "Wiener Zeitung" berichtete - stößt nicht überall auf Zustimmung. Für Amrita Enzinger, Landtagsabgeordnete der Grünen, stellen sich zwei Fragen: Wem hilft es und wie groß ist der Eingriff in die Natur? "Geht es nur um Gewinnmaximierung oder um die Lebensgrundlage von Menschen", sagt Enzinger. Sie glaubt, dass man sich über die Auswirkungen auf Flora und Fauna nicht ausreichend den Kopf zerbrochen habe. Wenn zum Beispiel im Marchfeld alle Bauern die Pumpen anwerfen und Wasser aus dem Marchfeldkanal entnehmen, sei das richtig viel Wasser. Bei dem neuen Projekt handle es sich um einen massiven Eingriff in alle Ökosysteme, man müsse Schaden und Nutzen abwägen. "Da stellt sich natürlich auch die Frage, wie das für den Nationalpark Donauauen aussieht", sagt Enzinger.

Sie sieht eine Alternative zur Bewässerung: "Wegen der Trockenheit haben schon manche Landwirte versucht, andere Wege zu gehen", so Enzinger. In der Regel läuft das auf den Anbau resistenterer Sorten hinaus. Früher habe es im Weinviertel auch Milchwirtschaft gegeben, das habe sich inzwischen komplett geändert. Es seien Rübenbauern gefolgt, was die Zukunft bringe, werde man sehen. Landwirte hätten jedenfalls genug Innovationskraft.

Mit Maß und Ziel

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace betrachtet das Projekt mit dieser Größenordnung skeptisch. "Bewässerung mit Maß und Ziel ist sinnvoll", sagt Greenpeace-Sprecher Herwig Schuster. Wenn aber ganze Teile Niederösterreichs landwirtschaftlich nicht mehr nutzbar sind, dann habe auch künstliche Bewässerung keinen Sinn mehr. Im Sommer sei der Wasserpegel der Donau ohnehin oft so niedrig, dass Schiffe gerade noch fahren könnten. Außerdem könnte die Energiewirtschaft darunter leiden. "Jeden entnommenen Kubikmeter würde sie spüren", sagt Schuster. Anrainerstaaten wie Slowakei und Ungarn wären von einem derartigen Projekt betroffen, weshalb man es mit der Internationalen Donauschutzkommission abstimmen müsste.

Technisch wäre die Bewässerung des Weinviertels mit Donauwasser kein Problem, sagt Bewässerungsexperte Peter Cepuder von der Universität für Bodenkultur Wien. "Die Ressourcen sind da, die Donau hat viel Wasser." Weder Schiffsverkehr noch Anrainerstaaten flussabwärts müssten sich Sorgen machen, die Wassermenge, die benötigt würde, wäre vernachlässigbar. In der Donau fließen 6000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde, der Marchfeldkanal würde vier bis fünf Kubikmeter pro Sekunde entnehmen. Auch wenn es beim Weinviertel-Projekt das Doppelte wäre - und dann spreche man bereits von einem Riesenprojekt -, würde das den Wasserpegel kaum verändern. Ökologisch wäre die Bewässerung mit Donauwasser unbedenklich. "Die Qualität des Donauwassers ist ausgezeichnet", sagt Cepuder. Sollte es zu einem Schiffsunfall oder Ähnlichem kommen, könnte man eine Sicherungskette organisieren, durch die der Kanal geschlossen würde.

Frage nach Wirtschaftlichkeit

Die Frage sei, ob es wirtschaftlich ist, über so viele Kilometer Rohre zu verlegen und das Wasser bis ins Weinviertel zu pumpen. Donauwasser für das südliche Wiener Becken hält Cepuder nicht für notwendig. Die sich dort befindende Mitterndorfer Senke sei das größte Grundwasserdepot Mitteleuropas und könnte zur Bewässerung verwendet werden. Aber wahrscheinlich gebe es dort Interessenten, die eine andere Nutzung präferierten, etwa Kraftwerksbetreiber.

Die niederösterreichische Landeshauptfrau-Stellvertreterin Karin Renner steht dem Projekt positiv gegenüber. Man müsse jedoch aufpassen, dass es naturverträglich sei. Die Herausforderung sei, die finanziellen Ressourcen anzuzapfen. "Das Land Niederösterreich wird das nicht alleine schaffen", sagt Renner. Es werde auch der Bund gefordert sein und sich die Frage stellen, wie weit EU-Mittel für das Projekt zur Verfügung stehen.

Derzeit seien nur Wasserstandsschwankungen, die die Energiewirtschaft und die Schifffahrt betreffen, ein Problem, die Wasserentnahme für Lebensmittel nicht, sagt Hermann Schultes, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich und Vertreter der Initiatoren des Projekts. Außerdem sei angedacht, Speicher zu bauen, um die Donau in Zeiten, in denen sie viel Wasser führt, anzuzapfen.

Wenn man auf die Auswirkungen des Klimawandels rechtzeitig reagiere, könnte man in Zukunft sogar Nachbarländer mit Lebensmitteln versorgen. Auch wenn es noch nicht alle einsehen wollten, müsse man jetzt schon für den Klimawandel vorsorgen. Österreich könne mit seiner hohen Kaufkraft Lebensmittel im Ausland kaufen, aber sollte auch dort einmal nichts mehr wachsen, reiche auch Geld als Lösung nicht.