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Streit um Flöttls Risikofreude

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Generalsekretär trifft laut Elsner | keine Schuld. | Schlagabtausch Flöttl-Elsner. | Wien. Trotz angenehmer Temperaturen im Gerichtssaal wurde es gegen Ende der zweiten Verhandlungswoche heißer im Bawag-Prozess. Auf der Tagesordnung stand gestern, Donnerstag, der Beginn der Karibik-II-Geschäfte mit Wolfgang Flöttl ab 1995.


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Den Anfang machte der Hauptangeklagte Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner - und dieser ließ aufhorchen. Angesprochen auf den Mitangeklagten Peter Nakowitz, brach Elsner eine Lanze für seinen ehemaligen Generalsekretär, der ihm 2003 im Bankenvorstand nachfolgte. Dieser habe im besagten Zeitraum keine Entscheidungen getroffen und sei auch nicht seine rechte Hand gewesen, wie dies in der Anklageschrift formuliert ist. "Es wundert mich, dass er in diesem Zusammenhang hier sitzt", sagte Elsner. Nakowitz habe sich nichts zu Schulden kommen lassen. Die Staatsanwaltschaft wirft Nakowitz einen Schaden von 1,44 Milliarden Euro, den vollen Schadensumfang, vor.

Er selbst habe die Geschäfte angebahnt, diese dann aber an die Beteiligungsabteilung weitergeleitet, sagte Elsner. "Mein Hauptaugenmerk galt damals der Übernahme der PSK. Das war ein Fulltimejob."

Keine Ahnung von Risikoevaluierung

Hitzig wurde es schließlich bei der Frage der Risikobewertung der Kredite an Flöttl 1995. Diese wurde von Nakowitz durchgeführt und mit zehn Prozent der veranlagten Summe angegeben, allerdings auf Grundlage von festverzinslichen Aktien und Anleihen. Zwar habe er gewusst, dass es sich um ein breit gestreutes Portfolio handle, ihm sei jedoch nicht bewusst gewesen, dass Flöttl so risikofreudig war. Auf die Feststellung von Staatsanwalt Georg Krakow, "Risikoevaluierung ist etwas, wovon sie keine Ahnung haben", sagte Nakowitz kleinlaut: "Das ist richtig."

Dass Flöttl nicht als risikofreudig gegolten habe, sagten auch Elsner und Zwettler. Dem widersprach der Investmentbanker energisch. Bis 1998 habe die Bawag bei einem Durchschnittskapital von 300 Millionen Dollar 90 Millionen verdient. Eine solche Rendite komme nicht zustanden, "wenn sie in Regierungsanleihen investieren", sagte Flöttl. Der Bawag sei sehr wohl bewusst gewesen, dass er risikofreudig sei.

Der aus dieser Frage entbrannte Disput ist ein Vorgeschmack auf das zu erwartende Duell Elsner gegen Flöttl, der immer mehr zum Ziel der Verteidigungsstrategie des Ex-Bawag-Chefs wird. Allerdings müssen sich die damaligen Verantwortlichen in der Bank auch Fragen zu ihrem Verständnis des Bankwesens gefallen lassen. Nicht nur, dass die Bawag bei der Einschätzung der Verlustmöglichkeiten offensichtlich wenig versiert vorgegangen ist. Auch bei der Beurteilung des Geschäftspartners - und den Sicherheiten, die dieser für die Kredite bieten konnte - verließen sich die österreichischen Banker ausschließlich auf dessen guten Ruf und ein angenommenes Milliardenvermögen. Elsner: "Er hatte eine Yacht wie ein Kreuzfahrtschiff."