Kein guter Start für die Grenzschutzagentur: Auch zwei Tage vor dem - verspäteten - Arbeitsbeginn ist nicht klar, wer die neue Behörde in Warschau leiten soll. Polen wehrt sich auch gegen den Vorschlag einiger EU-Staaten, eine gemeinsame Grenzschutztruppe aufzustellen.
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Am 1. Mai hätte sie ihre Arbeit aufnehmen sollen. Doch noch wenige Wochen zuvor war unklar, wo die neue Grenzschutzagentur überhaupt angesiedelt werden sollte. Das Rennen machte schließlich Warschau - womit dennoch nicht alle Probleme gelöst waren.
Denn zwei Tage vor der für Mittwoch geplanten ersten Sitzung der Agentur war offen, wer die Leitung der neuen Behörde übernehmen sollte. Heute, Dienstag, will die EU-Kommission eine Liste von Kandidaten vorlegen: Der Finne Ilkka Laitinen, der Italiener Rodolfo Ronconi und der Spanier Gil Arias Fernandez sind die Anwärter.
Rund sechs Millionen Euro soll das Anfangsbudget für die Institution betragen. Für die Jahre 2007 bis 2013 sind 281 Millionen Euro vorgesehen - falls der Kommissionsvorschlag zum Finanzrahmen für diesen Zeitraum angenommen würde.
Unterstützung und Analyse
Ungewiss wie dies ist auch, welche Aufgaben die Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen übernehmen wird. Zuständig soll sie für die Unterstützung der EU-Mitgliedstaaten beim Grenzschutz sein, ebenso für die Erstellung von Analysen und Migrationsforschung. Laut Sicherheitsexperten könnte die Schaffung der Behörde einen ersten Schritt in Richtung Aufbau einer gemeinsamen Grenzschutztruppe bedeuten.
Diesen Plan forcieren denn auch EU-Staaten wie Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und Spanien. Nur gemeinsames Handeln könne den Zustrom illegal eingereister Menschen verhindern, argumentierten die Innenminister der fünf Länder bei einem Treffen in Paris.
Polen allerdings wehrt sich gegen den Vorschlag. "Wir kommen hervorragend damit zurecht, selber unsere Grenzen zu Russland, Weißrussland und der Ukraine zu schützen", erklärte der stellvertretende polnische Innenminister Pawel Dakowski gegenüber der Tageszeitung "Rzeczpospolita ". Zwar seien rund 1.100 Kilometer EU-Außengrenze zu überwachen, doch illegal kämen über diesen Abschnitt nicht mehr als ein paar hundert Einwanderer jährlich. Argumentiert wurde auch mit historischen Bezügen: Ein deutscher Grenzsoldat in Polen könnte Erinnerungen an die Besetzung des Landes im Zweiten Weltkrieg wecken.
Auch wenn Warschau auf Unterstützung einiger EU-Staaten - wie von Finnland oder der Slowakei deklariert - zählen könnte, braucht es dennoch das Wohlwollen der großen Mitglieder. Denn Deutschland steht einer verstärkten Mitfinanzierung des Grenzschutzes, auf die Polen angewiesen ist, skeptisch gegenüber.
Das Pochen Warschaus auf eine eigene Grenzschutztruppe könnte sich auch negativ auf ein weiteres Anliegen auswirken. Immerhin will Polen so rasch wie möglich dem Schengen-Abkommen beitreten, um die Kontrollen innerhalb der EU wegfallen zu lassen. Ob die beiden Wünsche vereinbar sind, lassen Brüsseler Diplomaten offen.