Ein Artikel in der "New York Times" hat eine Debatte in höchsten politischen Kreisen vom Zaun gebrochen.
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Was ist grün, kommt aus Mexiko und gehört für viele Amerikaner zu Chips und Hauptabendprogramm so wie Bier oder Cola? - Guacamole. Das ist dieser Avocado-Dip, der - je nach Geschmack - mit Knoblauch, Schalotten oder Zwiebel, Chili, Limettensaft und oft auch mit Tomaten versetzt ist. Eigentlich etwas ganz Normales und so etwas wie ein Grundnahrungsmittel in Mexiko. Doch auch wenn man nur ein gewöhnlicher zugereister Dip ist, kann man es in den USA in die höchsten politischen Sphären schaffen und ganz nebenbei das Land in Graus und Schrecken stürzen. Alles begann mit einem Artikel in der "New York Times". Dort wurde ein Rezept des grünen Breis veröffentlicht, das das Original in einem "radikalen Ansatz" noch um Erbsen erweitert. Das ist für den Durchschnittsamerikaner in etwa so wie für Frau und Herrn Österreicher das Faible der Berliner, Erbsenpüree zur Stelze zu servieren. Die "New York Times" war allerdings überzeugt von der Genialität der - ihrer Meinung nach - Verbesserung des Rezepts. Das Ganze werde dadurch süßer, konsistenter - und grüner. "Vertrauen sie uns", hieß es. "Geben Sie Erbsen in ihre Guacamole." Doch das tat kaum jemand. Der Angriff auf die TexMex-Küche sorgte alsbald quer durchs Land für Aufregung. "Diese Leute müssen um jeden Preis aufgehalten werden", hieß es hier und dort war von "einer dunklen Stunde für den Journalismus" die Rede. Mitten im Anlauf des Wahlkampfs in den USA erhielt die Affäre schon bald eine politische Dimension. Erbitterte politische Gegner entdeckten auf einmal Gemeinsamkeiten. "Ich respektiere die ,New York Times‘, aber Erbsen in der Guacamole kaufe ich ihnen nicht ab", erklärte auf der einen Seite der demokratische Präsident Barack Obama. Der mächtigste Mann der Welt ging noch einen Schritt weiter und erklärte, wie für ihn Guacamole abgesehen von den Avocados zubereitet zu werden hat. "Zwiebel, Knoblauch, Chilis. Klassisch." Auf der anderen Seite sagte der republikanische Präsidentschaftskandidat Jeb Bush, der mit einer Mexikanerin verheiratet ist, in einem Interview im Sender NBC: "Erbsen gehören nicht in die Guacamole." Zusatz: "Und ich versuche hier, nett zu bleiben." Weniger nett war die Reaktion der texanischen Landespartei der Republikaner: "Die ,New York Times‘ hat Texas den Krieg erklärt, als sie vorgeschlagen hat, Erbsen in die Guacamole zu geben." Immerhin sieht man sich in dem Bundesstaat an der Grenze zu Mexiko, der als Geburtsort der TexMex-Küche bekannt ist, als höchste Instanz in dieser Angelegenheit zu urteilen, die inzwischen als Guacamolegate bezeichnet wird. Hier kann man auch noch einen Sieg einfahren, während die Schlacht um das "einzig wahre" Chili con Carne, das ohne Bohnen gekocht wird, längst verloren ist.