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Streit um Nato-Lager in Lenins Geburtsort

Von WZ-Korrespondent Axel Eichholz

Politik

Regierung dementiert Stützpunkt, doch Kommunisten protestieren.


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Moskau. In Uljanowsk an der Wolga stehen 16 Kommunisten seit vier Tagen im Hungerstreik. Damit protestieren sie gegen den "Bau eines Nato-Stützpunktes in Mittelrussland, von wo aus Moskau ungehindert angegriffen werden kann". Nachdem sich dieses Gerücht hartnäckig gehalten hatte, sah sich vorige Woche Vizeaußenminister Alexander Gruschko zu einem Dementi in der halbamtlichen Nachrichtenagentur RIA Nowosti genötigt. Neben dem Flughafen Uljanowsk-Wostotschny sollten lediglich provisorische Lagerhallen für "nicht letale" Güter, die von und nach Afghanistan für die internationale Koalition befördert werden, aufgestellt werden. Es handle sich um eine rein zivile, nicht militärische und kommerzielle Angelegenheit. In Uljanowsk werde kein Nato-Personal stationiert werden, hieß es.

Doch das hätte der Vizeminister lieber nicht sagen sollen. Denn jetzt ist in der Zeltstadt der Hungerstreikenden von "30 Silbertalern" die Rede, mit denen sich der Kreml das ureigenste Staatsinteresse Russlands bezahlen lasse. Die Kommunisten sind sich sicher: In Wahrheit werden in Uljanowsk Waffen und Munition gelagert. Der Nato-Stützpunkt an der Wolga sei ein Dank des Präsidenten Wladimir Putin für die Anerkennung seines jüngsten Wahlsieges durch Washington, erklärte der Kommunistenchef Gennadi Sjuganow.

"Agenten der Irrenanstalt"

Das Außenministerium betonte, ein erfolgreiches Vorgehen der Koalitionstruppen am Hindukusch liege auch im Interesse Russlands. Im Klartext: Die Nato erledigt für Moskau die Schmutzarbeit dort, wo es seinerzeit versagt hat. "Es gibt keinen Nato-Stützpunkt in Uljanowsk, und es wird keinen geben", erklärte der für Rüstung und Armee zuständige Vizeregierungschef Dmitri Rogosin. Wer diese Nachricht verbreite, sei entweder Provokateur oder schlechthin ein Idiot. Die Protestler bezeichnete der Politiker als "Agenten der örtlichen Klapsmühle". Blöder wäre nur die "Meldung über eine Landung der Außerirdischen", so Rogosin.

Allerdings stellt sich die Frage nach den geistigen Fähigkeiten jener Strategen, die die Nachricht vom Nato-Umschlagplatz im früheren Simbirsk, der nach ihm umbenannten Heimatstadt des Revolutionsführers Uljanow-Lenin, kurz vor dessen Geburtstag verbreitet haben, der sich am 22. April zum 142. Male jährt.