)
Vorsitzender der Arbeitsgruppe für Transparenz im Parlament in der Kritik.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Brüssel. Wie viele es genau sind, weiß niemand. Vielleicht 15.000, vielleicht auch 20.000 oder mehr. Lobbyisten sind aus Brüssel genauso wenig wegzudenken wie EU-Beamte. Ihr Job ist es unter anderem, die Vertreter der EU-Institutionen zu informieren, den Standpunkt ihrer Auftraggeber zu verdeutlichen und bestenfalls die Gesetzgebung in diesem Sinne zu beeinflussen. Sie können für Unternehmen genauso wie für Nichtregierungsorganisationen tätig sein. Doch nicht immer ist klar, für wen sie arbeiten, wie und mit welchem Budget ausgestattet sie Lobbying betreiben.
Geht es nach einigen Vereinen - aber auch so manchen EU-Abgeordneten -, soll sich dies künftig ändern. Sie treten für mehr Offenheit von Lobbying ein und fordern ein verpflichtendes EU-Transparenzregister. In so eines können sich Lobbyisten schon jetzt eintragen, allerdings ist dies freiwillig.
Eine Arbeitsgruppe des EU-Parlaments ist nun mit der Überarbeitung des Registers befasst, für die kommende Woche ist eine weitere Sitzung mit Vertretern der EU-Kommission geplant, und bis Jahresende soll es eine gemeinsame Empfehlung geben. Es dreht sich dabei nicht zuletzt um die Frage, ob eine verpflichtende Registrierung mit europäischem Recht vereinbar ist. In der Kommission herrscht darüber Skepsis, und von Rechtsexperten gibt es unterschiedliche Meinungen.
Doch auch der Vorsitzende der parlamentarischen Arbeitsgruppe, der deutsche CDU-Mandatar Rainer Wieland, scheint von einer Verpflichtung nicht viel zu halten. Darauf weisen Lobbying-kritische Organisationen wie CEO (Corporate Europe Observatory) hin. Ihre Bedenken haben sich noch verstärkt, nachdem bekannt wurde, dass Wieland an einer Anwaltskanzlei beteiligt ist, die nicht nur in Stuttgart, sondern auch in Brüssel ein Büro hat.
Immerhin gehörten Kanzleien, die ebenfalls Lobbying betreiben können, zu den größten Geheimniskrämern und seien so gut wie zu hundert Prozent gegen das Transparenzregister, erklärt Olivier Hoedeman von CEO.
Auch wenn Wieland gegenüber "Spiegel Online" beteuerte, dass das Brüsseler Büro kein Lobbying betreibe, fordern ihn nun die Grünen im EU-Parlament dazu auf, als Vorsitzender der Arbeitsgruppe zurückzutreten. Der Verhaltenskodex des Abgeordnetenhauses verbiete nämlich solch eine Nebentätigkeit. Diese war allerdings nicht völlig geheim: In der Erklärung seiner finanziellen Interessen gab Wieland seine Tätigkeit als Partner einer Rechtsanwaltskanzlei an.