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Streit um niedrige Steuern eskaliert

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Mehrwertsteuersätze: Paris mahnt Warschau. | EU-Kommission droht mit Strafverfahren. | Brüssel. Polen hat den Kompromissvorschlag für reduzierte Mehrwertsteuersätze für arbeitsintensive Dienstleistungen und Heizen per Fernwärme abgelehnt. Der österreichische EU-Vorsitz will das noch nicht wahrhaben. Die Blockade durch Polen sei "für Europa nicht akzeptabel", erklärte der Sprecher von Finanzminister Karl-Heinz Grasser.


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Sollte Warschau hart bleiben, will Steuerkommissar Laszlo Kovacs den Fall schon heute, Mittwoch, bei der Kommissionssitzung ansprechen. Die bisherige Ausnahmeregelung ist nämlich Ende 2005 ausgelaufen. Neun Mitgliedsstaaten, die den EU-weiten Mindeststeuersatz von 15 Prozent in bestimmten Branchen unterschreiten, drohen Strafverfahren. Frankreich fürchtet vor allem höhere Abgaben in der Bauwirtschaft und hat Polen aufgefordert, seine Position zu ändern. Mit gültigem Kompromiss würden die Steuerausnahmen bis 2010 verlängert. Polen habe davon nichts, hatte Finanzministerin Zyta Gilowska argumentiert. Warschau beharrte lange auf niedrigere Steuersätze beim Neubau von Häusern, was laut Beitrittsvertrag nur bis 2007 möglich wäre. Dennoch sprachen Diplomaten von einer Lösungsmöglichkeit in den nächsten Tagen.

Kein neuer Vorschlag

Einen neuen Vorschlag werde es nicht geben, sagte ein Vertreter der Ratspräsidentschaft. Die Tür für Polen sei aber weiter offen. Geplant sei, "noch einmal klar darzulegen, was der Inhalt konkret für Polen bedeutet, dem 24 Länder bereits zugestimmt haben". Die Haltung Warschaus irritiere, weil der vorliegende Kompromiss auch Polen Vorteile bringe. So könnten im sozialen Wohnbau, Renovierungen und Fernwärme die reduzierten Sätze zumindest bis 2010 bleiben, erklärte Kovacs Sprecherin.

Besonders heftig waren die Reaktionen auf die polnische Ablehnung in Frankreich. Polen solle sich an die Verpflichtungen "erinnern", die es bei der Unterzeichnung des Beitrittsabkommens eingegangen ist, sagte Arbeitsminister Gerard Larcher. Notfalls werde Frankreich den verringerten Prozentsatz in der Bauwirtschaft im Alleingang aufrecht halten. Der französische Branchenverband fürchtet andernfalls um 85.000 Bau-Arbeitsplätze innerhalb weniger Monate allein in Frankreich.

Ex-Premier Edouard Balladur forderte überhaupt eine Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip in EU-Steuerfragen. Das Scheitern des Kompromisses zur Mehrwertsteuer sei ein Beweis dafür, "dass das Europa mit 25 oder 27 Mitgliedsländern mit den gegenwärtigen Institutionen nicht funktionieren kann".