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Streit um Pflanzengift geht in die nächste Runde

Von Katharina Schmidt

Politik

Glyphosat-Zulassung läuft Ende Juni aus, Einigung im Expertenausschuss wieder gescheitert.


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Brüssel/Wien. Und wieder gibt es keine Entscheidung. Auch im mittlerweile dritten Anlauf konnten sich die EU-Mitgliedstaaten nicht auf eine Verlängerung der Zulassung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat einigen. Die dafür notwendige qualifizierte Mehrheit im Expertenausschuss kam am Montag nicht zustand. Zwar stimmten 20 Staaten dafür und mit Malta nur ein Land dagegen. Aufgrund von sieben Enthaltungen - darunter Österreich - musste die Entscheidung vertagt werden.

Glyphosat ist ein Totalherbizid, Pflanzen sterben innerhalb weniger Tage komplett ab. Im Zusammenspiel mit der vor allem in den USA verbreiteten Aussaat gentechnisch veränderter Organismen, die gegen den Wirkstoff resistent sind, können so ganze Felder auf einmal von Unkraut befreit werden, ohne dass die Nutzpflanze angegriffen wird. In der EU ist Glyphosat, das meist unter dem Namen "Roundup" vertrieben wird, seit 2002 zugelassen.

Auflagen in Österreich

In Österreich wurden 2015 rund 300 Tonnen des Wirkstoffs in Umlauf gebracht. Hierzulande gibt es Auflagen für die Verwendung von Glyphosat - zum Beispiel darf es seit 2013 nicht mehr zur sogenannten Sikkation verwendet werden, ein Verfahren zur gleichmäßigen Trocknung des Getreides vor der Ernte. Sehr wohl Anwendung findet das Mittel zum Beispiel im Rahmen der Minimal-Bodenbearbeitung: Um Felder im Winter vor Erosion zu schützen, werden sie begrünt und vor der Aussaat der Nutzpflanze mit Glyphosat behandelt, um den Einsatz schweren Geräts zu meiden.

So weit, so praktisch. Doch nicht nur Umweltorganisationen laufen seit Jahren Sturm gegen den Glyphosat-Einsatz. Erst im vergangenen Sommer hat die WHO festgestellt, dass das Mittel wahrscheinlich krebserregend ist. Die EU-Kommission verlängerte daraufhin den Termin für die Neuzulassung, die Ende 2015 hätte stattfinden müssen, bis Ende Juni 2016. Auf Basis eines Gutachtens des Deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) entschied die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa), dass der Wirkstoff nicht krebserregend sei. Dieses Ergebnis wiederum wird unter anderem von der Umweltorganisation Global 2000 in Frage gestellt - sie wirft dem BfR und der Efsa vor, Studien ignoriert zu haben, wonach Glyphosat bei Mäusen krebserregend sei. Im Verband mit anderen Umweltschutzorganisationen hat Global 2000 im Frühjahr den Hersteller Monsanto, das BfR und die Efsa unter anderem wegen Betrugs geklagt.

Andere Wirkstoffe toxisch?

Laut Roland Achatz von der Agentur für Ernährungssicherheit Ages ist Glyphosat aber das einzige Totalherbizid, das ausreichend getestet sei und nur geringe Auswirkungen auf die Umwelt habe. Wenn eine Neuzulassung scheitert, müssten andere Herbizide, die jeweils nur auf bestimmte Pflanzen wirken, miteinander kombiniert werden, was laut Achatz wiederum unbekannte Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben könnte. "Wir hätten es gerne weiter im Einsatz, allerdings mit Einschränkungen - zum Beispiel ohne Kontakt mit Lebensmitteln für Mensch und Tier", sagt er. Weil aber der Vorschlag der EU-Kommission, über den abgestimmt wurde, den Zulassungsbehörden der Länder keinen rechtlich abgesicherten Spielraum ermöglicht, enthielt sich Österreich der Stimme.

Die EU-Kommission peilt nun eine Verlängerung um 18 Monate an, in dieser Zeit wird eine Stellungnahme der EU-Chemikalienagentur Echa erwartet. Am Dienstag entscheidet die Kommission über das weitere Vorgehen, auch ein Berufungsausschuss soll mit der Causa befasst werden. Bis Monatsende ist Zeit, dann läuft die Zulassung ersatzlos aus.