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Streit um Rechte an der Bundeshymne

Von Christoph Irrgeher und Katharina Schmidt

Politik

Unterschiedliche Arten von Rechten bei Republik und Erben der Dichterin. | Heinisch-Hosek will Textänderung. | Wien. Paula von Preradovic würde sich im Grab umdrehen. Das glaubt offenbar der Sessler-Verlag, der die Rechte ihrer Erben vertritt. | Land der Berge einmal anders


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Wie berichtet, hat Unterrichtsministerin Claudia Schmied ihre aktuelle Kampagne für eine Bildungsreform mit einer Popversion der Bundeshymne, gesunden von Christina Stürmer, unterlegt. Der Verlag stößt sich daran, dass Stürmer von "Söhnen und Töchtern" singt - und an der poppigen Fassung.

Dabei ist diese nicht eben schlecht arrangiert. Durchaus wiedererkennbar beginnt die Hymne auch bei Stürmer im volkstümlichen Takt, beschleunigt aber raffiniert auf einen rockigen Beat. Den "Töchtern" ist die Aufmerksamkeit dabei sicher - folgt auf sie doch eine kleine Pause. Aber genau das ist auch die Achillesferse: Weil dafür einige Worte ("Volk, begnadet für das Schöne") geopfert werden, stockt der Textfluss. Und weil diese Passage aus einer ungeraden Anzahl von Takten besteht, fehlt ihr die Symmetrie - womit sich beim Durchschnittshörer das diffuse Gefühl einstellen könnte, dass da etwas "hatscht".

Mit dem Argument, dass mit den "Töchtern" die Rechte der Dichterin verletzt würden, verlangt Sessler nun jedenfalls eine Unterlassungserklärung von Schmied und Stürmer - sollte diese bis Montag nicht eintreffen, will Anwalt Georg Zanger eine Unterlassungsklage einbringen.

Doch wem gehört eigentlich die Bundeshymne? Von Preradovic verfasste den Text 1946 im Rahmen eines Preisausschreibens, 1947 wurde er abgesegnet. Anfang der 1990er blitzten die Söhne der Dichterin, Otto und Fritz Molden, mit einer Klage ab, in deren Rahmen sie Tantiemen in Millionenhöhe für den Text verlangt hatten. Ein Gericht stellte damals fest, dass von Preradovic mit dem Preisgeld von - je nach Quelle - 5000 bis 10.000 Schilling auch ihre Rechte an dem Stück abgegeben hätte.

Und hier wird es kompliziert: Denn selbst wenn die Verwertungsrechte bei der Republik liegen, die Hymne also etwa bei Staatsempfängen gesungen werden darf, haben von Preradovics Erben immer noch die Urheberpersönlichkeitsrechte.

Bei Änderungen dürfen sich Erben wehren

Diese gelten bis 70 Jahre nach dem Tod eines Künstlers, in diesem Fall bis 2021. Der Urheber oder sein Erbe kann sich also sehr wohl gegen Änderungen seines Werkes wehren, auch wenn er nicht die Verwertungsrechte hat.

Allerdings geht aus dem Gesetz nicht eindeutig hervor, ob damit jegliche Art von Bearbeitung ausgeschlossen ist, wie der Urheberrechtsexperte Franz-Leo Popp von der Literar Mechana, die die Rechte der österreichischen Autoren vertritt, erklärt. So würden etwa Parodien, deren Stellung im Urheberrecht nicht eindeutig geklärt sei, manchmal von den Gerichten zugelassen - z. B. wenn dabei nicht die Verspottung des Autors beziehungsweise die Entstellung des Werkes im Vordergrund steht.

Zum aktuellen Rechtsstreit meint Popp, es sei ein "ganz legitimes Interesse eines Urhebers, dass er sein Werk gegen Bearbeitung schützt". Allerdings habe auch die Republik Chancen, ein Verfahren gegen den Sessler-Verlag zu gewinnen, wenn die Popversion analog zur Parodie oder Satire gewertet werde.

Apropos Parodie: Fritz Molden selbst hat 1947 den Text seiner Mutter verballhornt, wie der Medienwissenschafter Peter Diem schreibt. Damals machte Molden Österreich zum "Land der Erbsen, Land der Bohnen/ Land der vier alliierten Zonen.. ."

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek meint jedenfalls, dass Textänderungen zulässig sind. Sie hat Gespräche mit dem Koalitionspartner ÖVP darüber angekündigt, die "Töchter" offiziell in den Text einfließen zu lassen.